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Zukunftslotse: Revolutionäre Funktionsvielfalt bei Flächenwerkstoffen in Sicht

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München – Hochfeste Fahrradrahmen aus Papier, selbstheilende Carbonfaserbauteile am Auto und energieerzeugende Solarfolien: Die traditionellen Flächenmaterialien der Menschheit wie Textilien (seit über 30.000 Jahren im Gebrauch), Papier (vor 2.100 Jahren erfunden) und Folien aus Plastik oder Aluminium (Massenartikel erst seit den Wirtschaftswunderzeiten) treten mit „untypischen“ Funktionen für Zukunftsanwendungen aus dem Schatten der Vergangenheit.

Zukunftslotse Thomas Strobel, der für die Branchen Textil und Papier die Anwendungs- und Umsatzperspektiven bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts untersucht hat, sieht diese Flächenwerkstoffe wegen neuer Funktionskombinationen zum Teil jetzt schon in der Hightech-Ecke. „Den künftigen Anwender wird es kaum noch interessieren, welche dieser Branchen ihm solche Werkstoffe mit zum Teil revolutionären neuen Eigenschaften beschert“, sagt Strobel. Alle drei Materialien hätten ein ähnliches Überraschungspotenzial, auch in neuen Mischformen mehrdimensionalen Nutzwert zu bieten. So forsche die Papierindustrie derzeit intensiv an der Herstellung und Nutzung von hochgefüllten Papieren mit einem Gewichtsanteil des Füllstoffs von 30-90 Prozent. Bei dieser Technologie bestimmt der eingesetzte Füllstoff die Eigenschaften des resultierenden Materials. Beispiele sind metallische und keramische Sinterpapiere mit einem breiten Anwendungsspektrum u. a. für Filter, Katalysatoren oder Feuerfesterzeugnisse.

Bildquelle: Fenwis
Bildquelle: Fenwis

Exo-Skelette bald im 3D-Druck?

Allein durch die Möglichkeiten der 3D-Drucktechnologie bekommen die Flächenwerkstoffe laut Strobel neue Perspektiven. So ließen sich künftig mit Blick auf Sportanwendungen oder die Reha-Szene auch Protektoren direkt auf Gewebe oder hochfeste Papiere drucken oder Gelenkelemente auf Kniemanschetten aufbringen. Die Kombination von elastischem Gewebe mit aufgedruckten, mechanischen Komponenten eigne sich dann für Exo-Skelette zur Kraftverstärkung von Armen und Beinen (ggf. mit künstlichen, textilen Muskelfasern auf Piezobasis).

Der Münchner Nachhaltigkeitsexperte nennt wesentliche Entwicklungsrichtungen, an denen Forscher mit Hochdruck arbeiteten. Priorität habe dabei die Schaffung ungewöhnlicher Werkstoffeigenschaften (z. B. Nano-Haftung nach dem Gecko-Prinzip bzw. Leuchtfähigkeit durch Elektrolumineszenz) sowie die Entwicklung verblüffender Materialkombinationen (Metall-Faserverbund für Leichtbauanwendungen in Maschinen und Fahrzeugen oder Papier-Kunstharzverbund-Blech mit besonderen Dämmeigenschaften). Auch für die Funktionsintegrationen zu den Stichworten Sensorik, Auswerteelektronik und Datenübertragung böten Papier, Textil & Co. ähnlich gute Grundvoraussetzungen.

Auf Knopfdruck: Bereit zum Recyceln

Noch im ersten Drittel dieses Jahrhunderts seien entscheidende Fortschritte beim Einsatz von nachwachsenden Natur- bzw. Bio-Stoffen für vollständig recycelbare Produkte zu erreichen, sagt der Experte unter Verweis auf die heute schon spürbare Verknappung bzw. Verteuerung bestimmter Rohstoffe. „Letztlich muss es uns um Recycling-Konzepte gehen, die Verbundwerkstoffe nach Ende ihrer Nutzungszeit praktisch auf Knopfdruck wieder in ihre Ausgangsrohstoffe auftrennen“, sagt Strobel. Der „Schalter“ dafür könnte zum Beispiel eine Nährlösung plus Bakterien plus Licht in einer bestimmten Wellenlänge sein, um den „Kompostiervorgang 2030“ auszulösen und damit das ausgediente Material in wiederverwertbare Bestandteile zu zerlegen. Anwendungsspezifische High-Tech-Materialkombinationen ließen sich dann unter solchen Bedingungen am Ende der Lebensdauer vollständig abbauen, wären jedoch unter normalen Alltagsbedingungen dauerhaft stabil.

Quelle: Technologiejournalist Hans-Werner Oertel

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