Wo die Deutschen am liebsten einkaufen: Oliver Wyman-Analyse zum Lebensmitteleinzelhandel
München – Über die Preise keines Lebensmitteleinzelhändlers äußern sich die Deutschen so zufrieden wie die von Aldi Süd. Bei der Leistung, gemessen an Auswahl, Qualität und Service, favorisieren sie Globus. Auch bei der Kombination aus Preis- und Leistungswahrnehmung sind die Saarländer neben Kaufland Branchensieger.
In einer Umfrage von Oliver Wyman im Mai 2016 gaben mehr als 3.000 Konsumenten in Deutschland Auskunft über ihre Zufriedenheit mit den 16 größten Lebensmitteleinzelhändlern (LEH) in den beiden Dimensionen „Leistung“ und „Preis“. Seit Jahren quantifiziert die Managementberatung an Hand dieser Preis-Leistungsmatrix, in welchem Maß einzelne Elemente des Angebots wie Preis, Sortiment, Qualität und Service die Gesamtzufriedenheit von Kunden beeinflussen und zeigt so, welche deutschen LEH-Anbieter aus Sicht der Konsumenten punkten und in welchen Bereichen es noch Handlungsbedarf gibt.
Noch können die SB-Warenhäuser mit den Branchenbesten mithalten. Hinter den drei Discountern Aldi Süd, Aldi Nord und Lidl belegen Kaufland und Globus im aktuellen Branchenranking der Preiswahrnehmung die Plätze vier und fünf. In der Kategorie „Qualität und Service“ liegt Globus auf Platz eins, gefolgt von E-Center, Edeka, Rewe und Lidl. In ihrer ureigenen Domäne „Auswahl“ punkten die Großformate besonders: Hinter Globus platzieren sich hier Marktkauf, Kaufland, E-Center und Real.
Aufholjagd der Supermärkte
Ein Vergleich zu früheren Erhebungen zeigt, in welchem Maß sich die Kundenzufriedenheit verändert hat: Vor allem die Großflächenformate verlieren; die Supermärkte legen zu. Für Rainer Münch, Partner bei Oliver Wyman und Experte für Einzelhandel und Konsumgüter ist klar: „Die Großfläche muss künftig mehr investieren, um Mankos wie lange Anfahrtzeiten und größere Laufwege zu kompensieren.“ Auch bei Qualität und Service und hier vor allem bei frischen Produkten gäbe es der jüngsten Umfrage zufolge Verbesserungsbedarf. Sein Fazit: „Die Großfläche muss sich neu erfinden, um im Wettbewerb zu bestehen.“
Auch die lange erfolgsverwöhnten Discounter sehen sich Herausforderungen gegenüber. Sie modernisierten zwar in den vergangenen Jahren ihre Verkaufsflächen, erweiterten ihr Angebot und nahmen Markenprodukte in ihr Sortiment auf. Dadurch verstärkte sich in den Augen von Münch in Folge der umfassenden Investitionsprogramme von Aldi und Lidl die „Zweiklassengesellschaft“ bei den Discountern. Seine Beobachtung: „Mittlerweile konkurrieren die führenden Discounter immer stärker mit den Supermärkten. Aus Sicht der Verbraucher hat Lidl hier momentan die Nase vorn und konnte sich in der Leistungswahrnehmung spürbar von Aldi absetzen.“ Doch die Supermärkte reagierten, investierten weiter in ihr Angebot und stärkten so ihre Position als starker Nahversorger im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Die Konsumenten honorieren diese Anstrengungen, die Zufriedenheitswerte vor allem von Rewe und Edeka steigen. Das gilt auch für das bislang wichtigste Differenzierungsmerkmal der Discounter, den Preis. Der Abstand zwischen Discountern und Supermärkten schrumpfte im Vergleich zu früheren Erhebungen. Dustin Wisotzky, Projektleiter bei Oliver Wyman, fasst zusammen: „Die Supermärkte haben in den vergangenen Jahren vieles richtig gemacht und damit in den Augen der Verbraucher deutlich gewonnen.“
Rückläufige Zufriedenheitswerte sind Warnsignal
Die Preis-Leistungsmatrix von Oliver Wyman ist ein aussagekräftiger Indikator für das Geschäftspotenzial im Lebensmitteleinzelhandel. „Wenn ein Einzelhändler weiß, wie gut er in der Wahrnehmung der Kunden im Vergleich zum Wettbewerb dasteht, hat er erheblich bessere Chancen, seinen Umsatz zu steigern – und Marktanteile zu gewinnen“, erläutert Münch. „Kein Lebensmittelhändler darf sich mit hohen Zufriedenheitswerten oder Besucherfrequenzen begnügen“, so Münch. „Es bedarf kontinuierlicher Investitionen, um den Vorsprung zu erhalten oder auszubauen.“
Quelle: ots