Unternehmen - Fakten

Mittelstand im Krisen-Dreiklang: Energiekosten, Inflation und Fachkräftemangel

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2023 drückt die Wirtschaftskrise die Stimmung von kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland noch stärker als im Vorjahr. Damit ist sie nun unter den sich überlagernden Krisen die stärkste Bedrohung, nachdem sie 2022 noch auf niedrigerem Niveau gleichauf mit der Kriegsangst lag. Die Kriegsangst ist immer noch auf hohem Niveau, sinkt aber deutlich und teilt sich den Platz nun mit Cyberattacken als zweitstärkste Bedrohung. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Meinungsforschungs- instituts YouGov im Auftrag des B2B-Plattformbetreibers Visable. Auch die Erwartung für die Zukunft bleibt negativ. Mehr Entscheider in KMU rechnen damit, dass Krisen noch viel häufiger auftreten werden. Aber es gibt auch einen Lichtblick: Deutlich weniger KMU melden Umsatzeinbußen, mehr als jedes zehnte verzeichnet sogar ein Plus.

30 Prozent der Befragten sehen durch die Wirtschaftskrise die Geschäftstätigkeit ihres Unternehmens gefährdet, fünf Prozent mehr als noch 2022. Ein Dreiklang aus steigenden Energiekosten (38 Prozent), Fach- und Arbeitskräftemangel (35 Prozent) sowie Inflation (34 Prozent) belastet die Unternehmen aktuell am stärksten. Energiekosten nehmen damit zum zweiten Mal hintereinander Platz eins bei den konkreten Problemfeldern ein. Die Belastung durch Fach- und Arbeitskräftemangel sowie durch die Inflation wächst klar im Jahresvergleich, während steigende Rohstoffpreise und Lieferkettenprobleme die Wirtschaft deutlich weniger drücken als noch vor einem Jahr. Entgegen der von Bundeskanzler Olaf Scholz proklamierten „neuen Deutschland-Geschwindigkeit“ beklagen Unternehmen eine Zunahme der Belastung durch Überregulierung und Bürokratie (23 Prozent, zwei Punkte mehr als 2022). Planungsunsicherheiten und Nachfrageeinbruch wurden in diesem Jahr erstmals abgefragt und werden jeweils direkt von über einem Fünftel als konkretes Problemfeld wahrgenommen.

Mit Energiesparen durch die Krisen

Die genannten Krisen Szenarien wirken sich weiterhin konkret auf die Geschäftszahlen aus. 46 Prozent der Unternehmen sind von Umsatzeinbußen betroffen. Immerhin: Vergangenes Jahr waren es noch über die Hälfte und 12 Prozent der befragten Entscheider geben nun an, dass die Umsätze ihres Unternehmens seit Anfang 2022 sogar gestiegen sind. Sind das Anzeichen einer gestiegenen Resilienz? Vermutlich ja, denn immer mehr KMU treffen Vorsorgemaßnahmen. Energiesparen lautet dabei die Devise. Aus dem Stand führen entsprechende Anstrengungen mit 31 Prozent den breiten Maßnahmenkatalog an. Der betriebliche Notfallplan (15 Prozent), letztjähriger Spitzenreiter, büßt fünf Punkte und damit vier Plätze ein. Dagegen rüsten sich Unternehmen mit leicht gestiegenen Investitionen in die IT-Kompetenz (18 Prozent, ein Plus von zwei Punkten) und erhöhten Rückstellungen (16 Prozent, unverändert) weiterhin mit am häufigsten gegen kommende Krisen. Peter F. Schmid, CEO von Visable, ist angesichts der vielseitigen Initiativen vorsichtig optimistisch: „Die Lage bleibt ernst, aber die kleinen und mittelständischen Unternehmen nehmen die enormen Herausforderungen aktiv an und stemmen sich diesen entgegen. Um weiter durchzuhalten und gestärkt aus der Krise zu kommen, brauchen sie verbesserte Rahmenbedingungen. Hier ist die Politik gefragt.“

Energie, Bürokratie, Digitalisierung: Neue und bekannte KMU-Forderungen an die Politik

Beim Thema Energie drückt der Schuh. Nicht nur wegen der Kosten, auch die Verunsicherung über die zukünftige Versorgung ist groß. Obwohl das Schreckensszenario eines Winters ohne Gas und Strom abgewendet werden konnte, schiebt sich die Forderung nach einer besseren Sicherung der Energieversorgung (34 Prozent) zwischen die beiden betriebswirtschaftlichen „Klassiker“ Bürokratieabbau (35 Prozent, ein Minus von drei Punkten) und Steuersenkungen (32 Prozent, vier Punkte weniger als 2022). In diesem Zusammenhang fällt der stark gesunkene Wunsch nach einer stärkeren europäischen Zusammenarbeit auf. Erst Ende letzten Jahres legten die EU-Staaten ihren Streit über den Zankapfel Gaspreisdeckel bei, seit 15. Februar gilt nun der sogenannte Marktkorrekturmechanismus. Kam der Beschluss zu spät und erweist sich der Mechanismus als zahnlos? Jedenfalls wurde Vertrauen verspielt: Die Forderung nach einer stärkeren Zusammenarbeit auf europäischer Ebene sinkt um zehn Punkte auf 18 Prozent. Dagegen bleibt der Bedarf nach einer besseren digitalen Infrastruktur hoch (28 Prozent). Merklich gesunken ist die Bedeutung der Forderung nach schärferen Maßnahmen gegen den Klimawandel und Investitionen in Umweltschutz. Sie liegt nur noch auf Platz fünf auf der Liste der gewünschten politischen Maßnahmen.

Internationaler Vergleich: Frankreich fällt aus dem Rahmen

Die hohe Inflation und die steigenden Energiekosten treiben auch die europäischen Nachbarn um. Parallele Befragungen über YouGov zeigen, dass diese beiden Problemfelder den Betriebserfolg in Frankreich, Österreich und der Schweiz am meisten gefährden und mit Maßnahmen zur Energieeinsparung jeweils am häufigsten entgegengewirkt wird. Während in Deutschland (35 Prozent) und Österreich (38 Prozent) die Sorge über Fach- und Arbeitskräftemangel stark gewachsen ist, sinkt sie in der Schweiz und Frankreich merklich. Aufgrund seiner Familienpolitik kommt Frankreich verzögert ins unruhige Fahrwasser des demografischen Wandels. Die heftigen Proteste gegen ein höheres Renteneintrittsalter zeugen von den akuten innenpolitischen Verwerfungen. Unter den drei EU-Ländern in der Umfrage tanzt Frankreich aber auch an anderer Stelle auffällig aus der Reihe. Energiekosten und Inflation belasten die Unternehmen dort signifikant weniger als in Deutschland und Österreich. Ein schon seit Herbst 2021 eingefrorener Gas- und ein frühzeitig gedeckelter Strompreis sowie ein Tankrabatt kosteten den französischen Staat zwar viel Geld, hielten aber die Inflation geringer und wirken sich auf den Erfolg der Unternehmen aus: 15 Prozent der befragten französischen Unternehmen konnten trotz Krisen ihre Umsätze letztes Jahr steigern, mehr als in jedem der anderen Länder inklusive der Schweiz. Dennoch äußern französische Entscheider mit 73 Prozent weiterhin am häufigsten eine pessimistische Krisenerwartung. Deutlich optimistischer schauen dagegen mittlerweile die eidgenössischen Unternehmer in die Zukunft: Nur noch 66 Prozent erwarten ein häufigeres Auftreten von Krisen, vergangenes Jahr noch 71.

Für Deutschland liegt der Schlüssel zur Krisen-Abwehr in der Digitalisierung

Wie der Vergleich mit Frankreich, Österreich und der Schweiz zeigt, war und ist die digitale Infrastruktur eine annähernd exklusiv deutsche Baustelle. Zwar sehen auch die Franzosen und Schweizer gestiegenen Verbesserungsbedarf. Die Bedrohung durch fehlende Digitalisierung und eine entsprechende Forderung an die Politik sind hierzulande aber nach wie vor mit Abstand am höchsten. „Deutschland muss hier zügig in die Spur kommen“, appelliert Schmid, „um gerade auch im immer härter werdenden Wettbewerb um Fach- und Arbeitskräfte wieder Anschluss zu finden und der wachsenden Bedrohung durch Cyberattacken zu begegnen.“

Die Online-Umfragen wurden vom 28. März bis 3. April 2023 vom Marktforschungsinstitut YouGov durchgeführt. In Deutschland nahmen 500 Personen mit Entscheidungsbefugnis in kleinen und mittleren Unternehmen teil, in Frankreich wurden 526, in Österreich 217 und in der Schweiz 216 Personen befragt.

Quelle: Visable GmbH / TDUB Kommunikationsberatung

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