Lech – Märkte brauchen Kontrolle. Mit dieser Forderung ließ Wirtschaftsforscher Matthias Sutter in seiner Eröffnungsrede beim 7. Mediengipfel in Lech am Arlberg aufhorchen. Unter dem Motto „Europa ohne Arbeit – Viel Arbeit für Europa“ diskutieren noch bis Samstag JournalistInnen, PolitikerInnen und WirtschaftswissenschaftlerInnen im traditionsreichen Wintersportort. Am Eröffnungsabend stand der Wirtschaftsstandort Europa im Fokus. Dabei kamen auch UnternehmerInnen zu Wort, die dem vorherrschenden Pessimismus eine Absage erteilten.
Der Vorarlberger Wirtschaftsforscher Matthias Sutter stellte zum Auftakt des 7. Mediengipfels am Arlberg das Dogma des freien Marktes in Frage. „Es braucht Regulationsmechanismen, um die Märkte zu beeinflussen“, so seine These. Anhand anschaulicher Beispiele machte der renommierte Forscher klar, dass die oft geforderte Moral in Marktzusammenhängen ein hehrer Wunsch sei. Der zweite Redner, Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier, skizzierte ein differenziertes Bild der oft fälschlicherweise als homogene Einheit dargestellten Jugend: „Die ‚Generation Y‘ gibt es nicht. Die heutige Jugend eint kein Generationszusammenhang, sie ist heterogen und vielschichtig.“ Die Jugend von heute lebe im Bewusstsein, dass unser Gemeinwesen in der Krise stecke, so Heinzlmaier. Die Jugendlichen selbst haben indes den Homo Oeconomicus zum Idealbild erhoben. Dass sie nun für ihr betriebswirtschaftliches Handeln in allen Lebenslagen kritisiert werden, erachtet der Jugendforscher als „unfair“ und zu wenig reflektiert.
Keine Arbeitsmarkt-, sondern Strukturkrise
Nach den Eingangsrednern komplettierten zwei Podiumsrunden den Eröffnungsabend beim Mediengipfel in Lech. Den Anfang machte der ehemalige „Die Presse“-Chefredakteur Michael Fleischhacker, der die UnternehmerInnen Claudia Helming (DaWanda), Johannes Gutmann (Sonnentor) und Christoph Egger (Gloryfy) zu ihren Erfolgsrezepten in Krisenzeiten befragte. Alle drei repräsentieren Unternehmen, die in Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs erfolgreich durchstarteten. Im Anschluss daran lud „Der Standard“- Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid ÖkonomInnen aufs Podium. Arbeitsmarktexpertin Eva Rindfleisch von der Konrad Adenauer Stiftung und Ökonom Stephan Schulmeister zeigten sich dabei angesichts der europäischen Arbeitslosenzahlen, vor allem unter Jugendlichen, alarmiert. Kerstin Born-Sirkel vom Thinktank CEPS aus Brüssel widersprach dem und nannte die viel zitierte Jugendarbeitslosigkeit in Europa eine überspitzt dargestellte Strukturkrise. Ins selbe Horn stieß der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler, der ebenfalls strukturelle Mängel als Ursache der gegenwärtigen Arbeitsmarktkrise – die nicht allein Junge beträfe – festmachte.
Lebhafte Diskussionen
Die Vielzahl an unterschiedlichen Standpunkten sorgte nach den Podien für reichlich Diskussionsstoff unter den rund 120 Gästen im legendären Gasthof Post in Lech. Vor allem die zwölf EU- StipendiatInnen von Universitäten in Österreich, Deutschland und Italien brachten sich als VertreterInnen der Generation Y in die Gespräche ein und legten ihren Standpunkt dar. Für die mediale Berichterstattung zeichnen wiederum zehn StudentInnen der Journalismus-Fachhochschulen in Graz und Wien verantwortlich. Sie liefern im Rahmen der Medienakademie unter der fachkundigen Anleitung von Michael Fleischhacker Berichte für die Onlineportale derstandard.at sowie der Neuen Zürcher Zeitung nzz.ch.
Quelle: ots