Können oder wollen: Warum Kunden nicht bezahlen
Hamburg – In Europa dominieren nach wie vor persönliche Zwangslagen, wenn es um ausbleibende oder verspätete Rechnungen geht: Die meisten Kunden, die in Verzug geraten, haben einen kurzfristigen Engpass (66 Prozent) oder sind überschuldet bzw. in der Privatinsolvenz (52 Prozent). Das ist ein Ergebnis der repräsentativen EOS Studie „Europäische Zahlungsgewohnheiten“ 2017, die in diesem Jahr zum zehnten Mal durchgeführt wurde (Kantar TNS, ehemals TNS Infratest).
Überraschend hoch ist der Wert jedoch bei einem vermeidbaren Problem: 49 Prozent der befragten Unternehmen glauben, dass ihre Kunden aus purer Vergesslichkeit zu spät oder gar nicht bezahlen. Klaus Engberding, Vorsitzender der Geschäftsführung der EOS Gruppe, bewertet die Situation deshalb differenziert: „Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass die große Mehrheit der Konsumenten ihre Rechnungen pünktlich bezahlen möchte, aber durch kurz- oder langfristige Probleme oft einfach nicht kann. Wenn beispielsweise der Kühlschrank kaputtgeht oder das Auto, das für die tägliche Fahrt zur Arbeit nötig ist, haben diese Anschaffungen Vorrang. Andere Rechnungen muss man dann womöglich etwas später bezahlen und sie geraten in Vergessenheit. Bedenklich ist es hingegen, wenn Kunden ihre Rechnungen absichtlich nicht bezahlen – denn das ist Betrug.“
Vorsatz als Grund für unbezahlte Rechnungen ist europaweit keine Seltenheit: 38 Prozent der europäischen Unternehmen beklagen vorsätzliches Nichtbezahlen im Privatkundenbereich, bei Geschäftskunden sind es 34 Pro-zent. Wer seine Rechnungen absichtlich ignoriert, macht sich strafbar: „Vorsätzliches Nichtbezahlen – zum Beispiel beim Online-Kauf auf Rechnung oder bei bewusster Verschleppung von Finanzierungskäufen – erfüllt den Tatbestand des Betruges und ist kein Kavaliersdelikt“, erklärt der CEO.
Vorsatz in Deutschland am seltensten / Ausprägung in Osteuropa stärker als im Westen
Nur 10 Prozent der Unternehmen in der Bundesrepublik reklamieren vorsätzliches Nichtbezahlen ihrer Privatkunden. Auf Europaebene beklagen osteuropäische Unternehmen deutlich häufiger als westeuropäische, dass Privatkunden ihre Rechnungen absichtlich nicht begleichen. Insgesamt 41 Prozent sehen sich um Umsätze betrogen (Westeuropa: 34 Prozent). Negative Spitzenreiter sind hier Rumänien (50 Prozent), Griechenland (45 Prozent) und Tschechien (42 Prozent). In Westeuropa verzeichnen belgische (43 Prozent), österreichische (41 Prozent) und französische Unternehmen (40 Prozent) die meisten vorsätzlichen Nichtzahler.
Quelle: ots