Berlin (ots) –
– Wachsende Bedeutung des Hypothekenpfandbriefs
– Verbandspräsident Jan Bettink: Pfandbriefbanken bleiben
zuverlässige Finanzierungspartner ihrer Kunden
– Steigende Zahl von Verbandsmitgliedern und Emittenten belegt
hohe Attraktivität des Pfandbriefs in einem weiterhin
herausfordernden Marktumfeld
– vdp zieht mit Blick auf den Pfandbrief positive Zwischenbilanz
zu wichtigen Regulierungsvorhaben, sieht aber noch
Herausforderungen
Die deutschen Pfandbriefbanken blicken angesichts der Beruhigung der Lage an den Finanzmärkten zu Jahresbeginn und einer insgesamt weiterhin robusten Entwicklung an wichtigen Immobilienmärkten mit vorsichtigem Optimismus in die Zukunft. „Die Euro-Staatsschuldenkrise ist, wie die jüngste Entwicklung zeigt, noch längst nicht überwunden. Die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank in den vergangenen Monaten haben stabilisierend gewirkt. Es bleibt aber vorrangige Aufgabe der Politik, die Sanierung der Staatsfinanzen entschieden voranzutreiben“, erklärte Jan Bettink, Präsident des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (vdp) auf der Jahrespressekonferenz in Frankfurt am Main. „Trotz der noch vorhandenen Unsicherheiten und der anhaltenden Volatilität gehen wir davon aus, dass unsere Mitglieder aus heutiger Sicht auch im laufenden Jahr in der Lage sein werden, sich zu angemessenen Konditionen zu refinanzieren und die sich bietenden, attraktiven Geschäftsmöglichkeiten auf den nationalen und ausgewählten internationalen Immobilienmärkten zu nutzen“, so Bettink weiter.
Für das Immobilienfinanzierungsgeschäft ist der vdp insgesamt zuversichtlich. Dies gilt insbesondere für den einheimischen Markt. Dafür sprechen die nach wie vor gute Konjunktur in Deutschland, historisch niedrige Zinsen, eine starke Nachfrage ausländischer Adressen sowie die zunehmend zu beobachtende Sachwert-Orientierung von Investoren. Auf den ausländischen Gewerbeimmobilienmärkten ist das Bild dagegen differenziert: Die Folgen der Staatsschuldenkrise treffen zunehmend auch die Immobilienmärkte in Südeuropa, während es in zahlreichen anderen Regionen – etwa in den USA, Großbritannien oder Frankreich – auch im laufenden Jahr margenstarkes und zugleich risikoarmes Neugeschäft geben wird. „Wir gehen angesichts der insgesamt guten Verfassung wichtiger Immobilienmärkte, allen voran Deutschlands, von weiter interessanten Geschäftsmöglichkeiten in der Immobilienfinanzierung aus. Allerdings müssen sich die Kunden auf strengere Bonitätsanforderungen wie größere Eigenkapitalanteile, höhere Vorvermietungsquoten und niedrigere Beleihungsausläufe einstellen. Verschärfte regulatorische Anforderungen werden zusätzlich dazu führen, dass Banken höhere Darlehenszinsen verlangen müssen“, so der vdp-Präsident.
Immobilienfinanzierung treibt Neugeschäft der Pfandbriefbanken
Im vergangenen Jahr haben die Pfandbriefbanken in der Immobilienfinanzierung insgesamt Darlehen im Volumen von 89,8 Mrd. Euro neu zugesagt, ein Plus von 6,1 Prozent gegenüber 2010; die Neuzusagen verteilten sich dabei in etwa gleichmäßig auf Wohn- und Gewerbeimmobilien. Während bei Wohnimmobilien auch weiterhin fast ausschließlich Objekte im Inland finanziert wurden, haben die Pfandbriefbanken im Gewerbeimmobilienbereich knapp die Hälfte des neuen Kreditvolumens im Ausland vergeben. Die mit Abstand wichtigsten Märkte waren dabei Großbritannien, Frankreich und die USA.
Ein komplett anderes Bild bot sich in der Staatsfinanzierung. Hier setzte sich der seit Jahren zu beobachtende Konsolidierungstrend fort. Die nachlassende Attraktivität dieses Geschäfts für viele Häuser resultiert zum einen aus regulatorischen Veränderungen. Die unter dem neuen Regelwerk Basel III mögliche Einführung einer Leverage Ratio als risikounabhängiger, verpflichtend einzuhaltender Kennzahl trifft besonders das großvolumige, margenschwache Staatsfinanzierungsgeschäft. Zum anderen kommt hier das zuletzt im Zuge der Griechenland-Umschuldung veränderte Risikoverständnis der Banken zum Ausdruck. Die Darlehensneuzusagen in der Staatsfinanzierung gingen im Jahr 2011 vor diesem Hintergrund von 44,2 auf 29,5 Mrd. Euro zurück. Vom Neugeschäft entfiel mit 78 Prozent erneut der Löwenanteil auf deutsche Schuldner.
„Die Pfandbriefbanken, das hat das insgesamt robuste Neugeschäft einmal mehr gezeigt, bleiben die zuverlässigen Finanzierungspartner ihrer Kunden“, erklärte Bettink. „Auch die Staatsfinanzierung bleibt ein wichtiges Standbein für die Pfandbriefbanken. Wir sehen in diesem Bereich allerdings eine Rückbesinnung auf das klassische, kleinteiligere Kommunalkreditgeschäft – zu veränderten Bedingungen: Künftig werden Kreditgeber stärker als bisher nach der Risikotragfähigkeit öffentlicher Schuldner differenzieren“, so der vdp-Präsident.
Robuster Pfandbriefmarkt spiegelt Entwicklung im Aktivgeschäft wider
Analog zum Aktivgeschäft der Pfandbriefbanken entwickelte sich der Primärmarkt mit Pfandbriefen. Der Absatz von Hypothekenpfandbriefen lag 2011 trotz der im Zeichen der Euro-Schuldenkrise über weite Strecken des Jahres turbulenten Entwicklung an den Kapitalmärkten mit einem Bruttoabsatz von 40,9 Mrd. Euro nur leicht unter dem Niveau von 2010 (42,2 Mrd. Euro). Der Umlauf von Hypothekenpfandbriefen stieg gegenüber dem Vorjahr um 3,7 Mrd. auf rund 224 Mrd. Euro. „Der Hypothekenpfandbrief bleibt bei Anlegern und Emittenten unverändert beliebt und konnte seine Marktposition in einem schwierigen Kapitalmarktumfeld noch ausbauen“, betonte Bettink.
Während der Hypothekenpfandbrief damit weiter an Bedeutung gewonnen hat, setzten Öffentliche Pfandbriefe – korrespondierend zum Staatskreditgeschäft – ihre Konsolidierung fort. Das Bruttoaufkommen in Höhe von 31 Mrd. Euro lag um 25,5% unter dem Vorjahresergebnis (41,6 Mrd. Euro). Bei Öffentlichen Pfandbriefen war der Absatzeinbruch im zweiten Halbjahr besonders ausgeprägt. Gründe hierfür waren die Verunsicherungen und Marktturbulenzen angesichts des sich zuspitzenden Vertrauensverlustes der Anleger in staatliche Schuldner. Wegen hoher Fälligkeiten sank der Umlauf Öffentlicher Pfandbriefe um 13,7 Prozent auf 356 Mrd. Euro. Schiffspfandbriefe wurden mit einem Volumen von rund einer Milliarde Euro platziert, ihr Umlauf zum Jahresende lag bei 6,6 Mrd. Euro.
Insgesamt wurden damit im vergangenen Jahr Pfandbriefe mit einem Volumen von 72,8 Mrd. Euro abgesetzt, ein Rückgang um 16,3 Prozent gegenüber 2010. Nach Berücksichtigung von Tilgungen hat sich der Pfandbriefumlauf 2011 um 8,4 Prozent auf 586 Mrd. Euro (2010: 640 Mrd. Euro) verringert. Der Rückgang des Marktvolumens hat sich allerdings gegenüber dem Vorjahr verlangsamt – eine Tendenz, die sich in den kommenden Jahren im Zuge einer schrittweisen Bodenbildung bei Öffentlichen Pfandbriefen fortsetzen dürfte. „2011 war in Anbetracht der widrigen Umstände insbesondere im zweiten Halbjahr insgesamt ein gutes Jahr für den Pfandbrief. Vor dem Hintergrund des schwierigen Marktumfelds können wir mit dem Pfandbriefabsatz des vergangenen Jahres zufrieden sein. Der Pfandbrief hat der Euro-Krise getrotzt und seinen Status als Benchmark aller Covered Bonds, auch gemessen an den Renditeaufschlägen, weiter gefestigt. Mit dem Pfandbrief ließen sich, im Unterschied zu anderen Refinanzierungsinstrumenten, auch 2011 jederzeit Anlegermittel zu günstigen Konditionen mobilisieren. Das macht seine Attraktivität gerade in unruhigen Zeiten aus und zieht immer mehr Interessenten an“, resümierte Bettink.
Wachsende Zahl von Emittenten und vdp-Mitgliedsinstituten
Die zunehmende Attraktivität des Pfandbriefs lässt sich auch an der Entwicklung der Mitgliederzahl im vdp ablesen. Sie hat sich seit Juli 2005 verdoppelt. Im vergangenen Jahr kamen vier neue Mitglieder hinzu, unter anderem die Landesbank Berlin und die ING Diba; Letztere gehörte 2011 auch zu den Pfandbrief-Debütanten am Primärmarkt. Im laufenden Jahr konnte der Verband bereits zwei neue Mitglieder begrüßen: Neben der deutschen Niederlassung der französischen NATIXIS Bank gehört seit dem 1. Februar auch der hiesige Branchenführer Deutsche Bank dem vdp an. „Wir sehen unverändert großes Interesse in- und ausländischer Häuser am Pfandbrief und gehen davon aus, dass weitere Institute eine Pfandbrieflizenz anstreben“, so Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt.
Stabiles Emissionsvolumen für 2012 erwartet – Hypothekenpfandbrief legt zu
Der Pfandbriefabsatz dürfte sich im laufenden Jahr etwa auf dem soliden Niveau des Vorjahres bewegen. Nach einer Umfrage unter seinen Mitgliedern geht der vdp von einem auf dem Vorjahresniveau stabilisierten Bruttoabsatz von 72 Mrd. Euro aus. Dieser verteilt sich zu 44 Mrd. Euro (+ 1,8 Mrd.) auf Hypothekenpfandbriefe, zu 26 Mrd. Euro (- 5 Mrd.) auf Öffentliche Pfandbriefen und zu knapp zwei Mrd. Euro (+ 0,9 Mrd.) auf Schiffspfandbriefe. Zudem wird für 2012 die erste Emission eines Flugzeugpfandbriefs erwartet. Der Rückgang des Umlaufvolumens wird sich nach der vdp-Prognose weiter verlangsamen: Zum Jahresende erwartet der Verband ein Niveau von 561 Mrd. Euro. „Der Pfandbrief ist eine starke und zuverlässige Säule der Refinanzierung für die Pfandbriefbanken. Der vdp wird alles daran setzen, dass dies auch in Zukunft so bleibt“, erklärte vdp-Präsident Jan Bettink.
Attraktivität des Pfandbriefs sichern – Qualitätsführerschaft ausbauen
Um den Nimbus des Pfandbriefs als Qualitäts-Benchmark im Covered Bond-Markt zu festigen und seine Attraktivität für Emittenten und Investoren zu erhalten, bedarf es in einem sich wandelnden Umfeld aus Sicht des Verbandes weiterer Anstrengungen.
Der vdp selbst hat mit seiner Sekundärmarkt-Transparenzinitiative im vergangenen Jahr eine deutliche Stärkung der Transparenz durch die Berechnung und Veröffentlichung von durchschnittlichen Spreaddaten von Jumbo-Pfandbriefen mit mindestens zweijähriger Restlaufzeit angestoßen. Dieser Service, der auf entsprechende Wünsche von Investoren zurückgeht, ist Anfang Januar mit börsentäglichen Veröffentlichungen auf der Webseite des Verbands gestartet. Diese Informationen aus einer Hand stoßen über den Kreis der Investoren hinaus auf reges Interesse und werden durch den Verband im laufenden Jahr noch weiter verfeinert und ausgebaut. Zeitgleich mit der börsentäglichen Veröffentlichung sind auch neue Mindeststandards für Jumbo-Pfandbriefe in Kraft getreten, die der vdp mit führenden Handelshäusern vereinbart hatte.
Weitere Maßnahmen im Rahmen der Selbstregulierung der Branche werden derzeit vorbereitet. So arbeitet der Verband im Sinne einer weiteren Qualitätsverbesserung an einem System zur Bonitätsdifferenzierung für Deckungswerte Öffentlicher Pfandbriefe.
Darüber hinaus haben die Vorarbeiten für die nächste Novelle des Pfandbriefgesetzes begonnen, die voraussichtlich zum Jahresbeginn 2013 in Kraft treten soll. Der vdp schlägt neben einer Reihe von technischen Änderungen vor allem eine nochmalige Erweiterung der Publikationspflichten nach § 28 vor: Künftig sollen unter anderem Zins- und Währungsrisiken in den Deckungsmassen, gewichtete Durchschnitte des Alters von Deckungsforderungen und die Volumina EZB-fähiger Forderungen ausgewiesen werden. Damit würde aus Sicht des Verbandes den gestiegenen Anforderungen der Investoren in angemessener Weise Rechnung getragen.
Auf europäischer und internationaler Ebene steht auch in diesem Jahr die Begleitung der diversen regulatorischen Vorhaben für den Finanzsektor im Mittelpunkt der Verbandsarbeit. „Wir haben in den bisherigen Diskussionen schon sehr viel für den Pfandbrief erreicht. So dürfte es eine Vorzugsbehandlung unter der europäischen Richtlinie CRD IV sowohl bei der Eigenkapitalunterlegung als auch bei den Liquiditätsregeln geben. Damit würde die Qualität des Pfandbriefs in diesem Rahmen weitgehend berücksichtigt. Das gilt auch für die Behandlung innerhalb des neuen Regelwerks für die Versicherer, Solvency II. Damit dürfte die Assekuranz auch in Zukunft Ankerinvestor in Pfandbriefen bleiben“, erklärte Tolckmitt.
Allerdings gibt es aus Sicht der Pfandbriefbanken im weiteren Umsetzungsverfahren der einschlägigen Vorhaben noch Herausforderungen. Die unter Basel III mögliche Einführung einer Leverage Ratio als verbindlicher Kennzahl bleibt dabei der kritischste Punkt. Durch die Begrenzung des Geschäftsvolumens unabhängig von seinem Risikogehalt würde das klassische Geschäftsfeld der Staatsfinanzierung unter erheblichen Druck geraten. Im Rahmen von Solvency II werde die für die Banken wichtige unbesicherte Refinanzierung durch teilweise prohibitiv hohe Eigenkapitalanforderungen massiv erschwert. Zudem werden Anreize für Versicherer gesetzt, verstärkt in der Immobilienfinanzierung aktiv zu werden. „Aus Wettbewerbsgründen muss dabei sichergestellt sein, dass gleiches Geschäft zu gleichen Regeln erfolgt“ – so Tolckmitt. Dies gelte insbesondere für aufsichtliche Mindestanforderungen, die im Kreditgeschäft zu beachten sind.
„Wir werden uns auch in den kommenden Monaten dafür einsetzen, dass in der künftigen Regulierung des Finanzsektors die Spezifika des Pfandbriefs und die Interessen der Pfandbriefbanken angemessen berücksichtigt werden. Der vdp ist zuversichtlich, dass dies gelingt“, betonte Tolckmitt.
Orginal-Meldung: http://www.presseportal.de/pm/29608/2237392/vdp-erwartet-fuer-2012-stabile-entwicklung-am-pfandbriefmarkt/api