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Fallstricke beim Zinsvergleich

Hamburg (ots) – Angebote von Banken enthalten zwei Zinsangaben: den Sollzins und den effektiven Jahreszins (Effektivzins). Wer ein Darlehen für die Finanzierung seiner Immobilie aufnehmen möchte, sollte wissen, was sich hinter diesen Größen verbirgt und welcher Zins für den Vergleich mit anderen Anbietern aussagekräftig ist.

Der Sollzins – Kosten für die Darlehenssumme

Der Sollzins sagt aus, was der Kreditnehmer jährlich für die Bereitstellung der Darlehenssumme bezahlt. Er enthält keine weiteren Nebenkosten und bestimmt zusammen mit dem Tilgungssatz die Höhe der jährlichen Belastung (Annuität). Kreditinstitute müssen den Sollzins gemäß einer EU-Verbraucherkreditrichtlinie seit Juni 2010 deklarieren – zuvor war der Begriff „Nominalzins“ üblich, inhaltlich besteht zwischen beiden Begriffen allerdings kein Unterschied. Vereinbart der Kreditnehmer mit der Bank eine Zinsfestschreibung, wird vom gebundenen Sollzinssatz gesprochen. Bei fast allen Kreditvereinbarungen fallen Nebenkosten für das Darlehen an, die im Sollzins nicht enthalten sind. Insofern ist der Sollzinssatz nicht für einen Angebotsvergleich der Baufinanzierungen geeignet.

Effektiver Jahreszins muss Nebenkosten enthalten

Aussagekräftiger ist der effektive Jahreszins. Er berücksichtigt zusätzlich zum Sollzins beispielsweise auch die Bearbeitungsgebühren, Vermittlungsprovisionen, den Tilgungssatz, die Zinsbindungszeit und die Art der Zins- und Tilgungsverrechnung auf dem Kreditkonto. Welche Nebenkosten bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses genau einzubeziehen sind, ist in der Preisangabenverordnung (PangV) festgelegt.

Wichtig: Seit Umsetzung der neuen EU-Richtlinie müssen deutsche Banken den effektiven Jahreszins für die gesamte Kreditlaufzeit berechnen. Das gilt auch dann, wenn das Darlehen mit einer Zinsbindungszeit von fünf, zehn oder 15 Jahren abgeschlossen wurde. Da kein Kreditinstitut den in der Zukunft gültigen Zinssatz kennt, setzen die Anbieter einen fiktiven Wert an. Das führt zu unterschiedlichen Berechnungen und stiftet oft Verwirrung. Für die Zeit nach der Zinsbindung rechnen die meisten Kreditgeber mit dem vereinbarten Sollzinssatz weiter – so ergibt sich daraus der gleiche Effektivzinssatz wie nach der alten Verordnung. Einige Kreditinstitute verwenden jedoch andere Verträge. Diese führen dazu, dass das Institut für die Restlaufzeit des Darlehens den aktuellen Zinssatz für variabel verzinsliche Darlehen zugrunde legen muss. Je nach Höhe dieses Zinssatzes fällt dann auch der effektive Jahreszins für die gesamte Laufzeit anders aus. Dieser kann mitunter geringer sein als der Sollzinssatz während der Festzinszeit. Andererseits erscheint der effektive Jahreszins – bei höherem variablem Zinssatz – teurer, als er tatsächlich in der Festzinsphase ist.

Weitere Nebenkosten verteuern die Immobilienfinanzierung

Banken erheben oft weitere Kosten, die bisher bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses nicht enthalten sein müssen. Das betrifft insbesondere Kontoführungsgebühren, Schätzkosten und Bereitstellungszinsen. Gerade für die Nichtberücksichtigung der Bereitstellungszinsen stehen Kreditinstitute mehr und mehr in der Kritik von Verbraucherschützern.

Simple Zahlenvergleiche sind obsolet

Die Kalkulation des individuellen Zinssatzes für eine Immobilienfinanzierung ist teilweise sehr komplex. Wurde noch vor wenigen Jahren weitestgehend mit Tableaus gearbeitet, werden heute immer häufiger aufwendige mathematische Verfahren auf die Zinsberechnung angewendet.

„Insbesondere unter dem Einfluss der Finanzmarktkrise, dem Abkommen Basel III und der EU-Richtlinie Solvency II werden Kreditgeber deutlich restriktiver. Banken und Versicherer versuchen mit aufwendigen Risikobewertungsverfahren, die ‚passende‘ Kondition zu finden. Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren bonitäts- und personenabhängige Zinsen die statischen Berechnungsmodelle verdrängen werden“, berichtet Stephan Scharfenorth, Geschäftsführer des Baufinanzierungsportals Baufi24.de.

Fazit

Das Darlehen mit dem niedrigsten Effektivzins ist nicht automatisch auch das günstigste. Je höher die Nebenkosten sind, desto weniger Aussagekraft hat der Zins im Rahmen eines Konditionenvergleichs. Daher sollten sich Kreditinteressenten alle Kostenanteile in Angeboten genau anschauen und bei Unklarheiten die Bank um Auskunft bitten, welche Bestandteile im effektiven Jahreszins enthalten sind, welche nicht und für welchen Zeitraum die Berechnung erstellt wurde.

Orginal-Meldung: http://www.presseportal.de/pm/104820/2230408/baufinanzierung-fallstricke-beim-zinsvergleich/api

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Hamburg (ots) – Angebote von Banken enthalten zwei Zinsangaben: den Sollzins und den effektiven Jahreszins (Effektivzins). Wer ein Darlehen für die Finanzierung seiner Immobilie aufnehmen möchte, sollte wissen, was sich hinter diesen Größen verbirgt und welcher Zins für den Vergleich mit anderen Anbietern aussagekräftig ist.

Der Sollzins – Kosten für die Darlehenssumme

Der Sollzins sagt aus, was der Kreditnehmer jährlich für die Bereitstellung der Darlehenssumme bezahlt. Er enthält keine weiteren Nebenkosten und bestimmt zusammen mit dem Tilgungssatz die Höhe der jährlichen Belastung (Annuität). Kreditinstitute müssen den Sollzins gemäß einer EU-Verbraucherkreditrichtlinie seit Juni 2010 deklarieren – zuvor war der Begriff „Nominalzins“ üblich, inhaltlich besteht zwischen beiden Begriffen allerdings kein Unterschied. Vereinbart der Kreditnehmer mit der Bank eine Zinsfestschreibung, wird vom gebundenen Sollzinssatz gesprochen. Bei fast allen Kreditvereinbarungen fallen Nebenkosten für das Darlehen an, die im Sollzins nicht enthalten sind. Insofern ist der Sollzinssatz nicht für einen Angebotsvergleich der Baufinanzierungen geeignet.

Effektiver Jahreszins muss Nebenkosten enthalten

Aussagekräftiger ist der effektive Jahreszins. Er berücksichtigt zusätzlich zum Sollzins beispielsweise auch die Bearbeitungsgebühren, Vermittlungsprovisionen, den Tilgungssatz, die Zinsbindungszeit und die Art der Zins- und Tilgungsverrechnung auf dem Kreditkonto. Welche Nebenkosten bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses genau einzubeziehen sind, ist in der Preisangabenverordnung (PangV) festgelegt.

Wichtig: Seit Umsetzung der neuen EU-Richtlinie müssen deutsche Banken den effektiven Jahreszins für die gesamte Kreditlaufzeit berechnen. Das gilt auch dann, wenn das Darlehen mit einer Zinsbindungszeit von fünf, zehn oder 15 Jahren abgeschlossen wurde. Da kein Kreditinstitut den in der Zukunft gültigen Zinssatz kennt, setzen die Anbieter einen fiktiven Wert an. Das führt zu unterschiedlichen Berechnungen und stiftet oft Verwirrung. Für die Zeit nach der Zinsbindung rechnen die meisten Kreditgeber mit dem vereinbarten Sollzinssatz weiter – so ergibt sich daraus der gleiche Effektivzinssatz wie nach der alten Verordnung. Einige Kreditinstitute verwenden jedoch andere Verträge. Diese führen dazu, dass das Institut für die Restlaufzeit des Darlehens den aktuellen Zinssatz für variabel verzinsliche Darlehen zugrunde legen muss. Je nach Höhe dieses Zinssatzes fällt dann auch der effektive Jahreszins für die gesamte Laufzeit anders aus. Dieser kann mitunter geringer sein als der Sollzinssatz während der Festzinszeit. Andererseits erscheint der effektive Jahreszins – bei höherem variablem Zinssatz – teurer, als er tatsächlich in der Festzinsphase ist.

Weitere Nebenkosten verteuern die Immobilienfinanzierung

Banken erheben oft weitere Kosten, die bisher bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses nicht enthalten sein müssen. Das betrifft insbesondere Kontoführungsgebühren, Schätzkosten und Bereitstellungszinsen. Gerade für die Nichtberücksichtigung der Bereitstellungszinsen stehen Kreditinstitute mehr und mehr in der Kritik von Verbraucherschützern.

Simple Zahlenvergleiche sind obsolet

Die Kalkulation des individuellen Zinssatzes für eine Immobilienfinanzierung ist teilweise sehr komplex. Wurde noch vor wenigen Jahren weitestgehend mit Tableaus gearbeitet, werden heute immer häufiger aufwendige mathematische Verfahren auf die Zinsberechnung angewendet.

„Insbesondere unter dem Einfluss der Finanzmarktkrise, dem Abkommen Basel III und der EU-Richtlinie Solvency II werden Kreditgeber deutlich restriktiver. Banken und Versicherer versuchen mit aufwendigen Risikobewertungsverfahren, die ‚passende‘ Kondition zu finden. Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren bonitäts- und personenabhängige Zinsen die statischen Berechnungsmodelle verdrängen werden“, berichtet Stephan Scharfenorth, Geschäftsführer des Baufinanzierungsportals Baufi24.de.

Fazit

Das Darlehen mit dem niedrigsten Effektivzins ist nicht automatisch auch das günstigste. Je höher die Nebenkosten sind, desto weniger Aussagekraft hat der Zins im Rahmen eines Konditionenvergleichs. Daher sollten sich Kreditinteressenten alle Kostenanteile in Angeboten genau anschauen und bei Unklarheiten die Bank um Auskunft bitten, welche Bestandteile im effektiven Jahreszins enthalten sind, welche nicht und für welchen Zeitraum die Berechnung erstellt wurde.

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