Frankfurt (ots) – Kritik an den neuen Mittelstandssegmenten der Börsen / „In Wahrheit handelt es sich um hochspekulative Bonds“ / Um die Papiere zu durchschauen, sei Spezialisten-Wissen nötig / „Die Börsen schieben die Verantwortung einfach auf den Anleger ab“
Scharfe Kritik an den neuen Börsen-Segmenten für sogenannte Mittelstandsanleihen hat Frank Laufenburg von SEB Asset Management geübt. Der Leiter der Abteilung Euro-Anleihen bei der Fondsgesellschaft sagte im Interview mit dem Anlegermagazin ‚Börse Online‘ (Ausgabe 17/2011, EVT 20. April): „Die Bezeichnung Mittelstandsanleihen klingt vertrauenswürdig und seriös. Doch in Wahrheit handelt es sich um hochspekulative Bonds.“ Er sei überzeugt davon, dass es Ausfälle geben werde.
Die Anforderungen, die die Börsen an die Emittenten der Mittelstandsanleihen stellen, hält Laufenburg nicht für ausreichend. Mit Blick auf das Mindest-Rating „BB“, das die Börse Düsseldorf von Kapitalmarkt-Neulingen fordert, sagte er: „Es hört sich ja zunächst mal gut an, wenn die Börsen ein Mindest-Rating verlangen. Aber eine derart niedrige Note ist doch kein Qualitätsmerkmal.“ Anleihen mit der Note „BB“ oder schlechter zählen die Rating-Agenturen nicht mehr zur Klasse der weitgehend ausfallsicheren Bonds.
Um die Papiere und ihre Bonität zu durchschauen, sei Spezialisten-Wissen nötig, bekräftigte der SEB-Experte: „Dies ist ein Fulltime-Job und nichts für zwischendurch.“ Privatanleger könnten dies seiner Meinung nach gar nicht leisten. Laufenburg kritisierte zudem, dass die Börsenbetreiber die Anleger nicht ausreichend auf die Risiken der Mittelstandsanleihen hinweisen würden. Die Anbieter argumentieren, dass sich die neuen Segmente in erster Linie an erfahrene Privatinvestoren richten würden. Er halte das für eine Schutzbehauptung, sagte Laufenburg im ‚Börse Online‘-Interview. „Die Börsen schieben die Verantwortung einfach auf den Anleger ab, er soll sich selbst informieren. Das finde ich äußerst problematisch.“
In der Theorie finde er die Idee der Mittelstandsanleihen eigentlich gut, aber die Umsetzung sei schlecht. „Die Börsen hätten darauf achten sollen, dass nur mittelständische Unternehmen mit guter Bonität an den Markt gehen können“, kritisierte Laufenburg. Zudem hätten sie auf strengeren Informationspflichten für die Emittenten bestehen und sich um eine breitere Investoren-Basis auch bei Profi-Anlegern bemühen sollen.
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