Mobile Commerce neu definiert: Das Auto als Shoppingkanal
München – Genau wie der Einzelhandel erlebt die Automobilbranche derzeit große Veränderungen, die nicht nur die Fahrzeuge selbst betreffen. Geht es nach den Automobilherstellern, wird das Auto der Zukunft wie das Smartphone eng mit seinem Besitzer verbunden sein. Wie genau das aussehen soll und welche Chancen sich daraus für den Handel ergeben, erklärt die Internet World Messe.
Es ist längst keine Frage mehr, ob autonomes Fahren in der Zukunft möglich sein wird, lediglich das „Wann“ wird von Experten kontrovers diskutiert. Zu groß sind die Vorteile, zu interessant die neuen Möglichkeiten, zu positiv die Erwartungen der Autofahrer. Eine dieser neuen Möglichkeiten besteht darin, das Auto als völlig neuen Shoppingkanal zu etablieren und damit eine höchst aufmerksame Zielgruppe zu erreichen. Und in der Tat: Wenn Autofahrer ihre Aufmerksamkeit nicht mehr auf die Straße richten müssen, entsteht viel freie Zeit, die für Kommunikation, Unterhaltung oder Shopping genutzt werden kann.
Sprache als zukünftige Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine
Viele große Autohersteller haben dieses Potenzial längst erkannt. Und anstatt Angst vor neuen Marktteilnehmern wie Google & Co zu haben, gehen immer mehr Autobauer Kooperationen mit den Technologieunternehmen ein, um das Innenraumkonzept des autonomen Fahrzeugs gemeinsam zu gestalten. So hat beispielsweise Ford Amazons Sprachassistent „Alexa“ in seine neuesten Modelle integriert. Audi arbeitet mit Baidu, Tencent, Alibaba und anderen chinesischen Tech-Giganten zusammen und BMW-Kunden können zukünftig Microsofts Sprachassistent „Cortana“ im Auto nutzen. Aber innovative Technologie allein macht noch kein Auto: „Die großen Technologieunternehmen wie Apple und Google punkten sicherlich mit ihrer Softwarekompetenz“, erklärt Dr. Klaus Büttner, Vice President Autonomous Driving Projects bei der BMW Group. „Es gehört jedoch mehr dazu, um ein sicheres autonomes Fahrzeug in den Verkehr zu bringen“. Viele Hersteller setzen auf sprachgesteuerte Technologien, denn diese eignen sich besonders für den Einsatz während der Fahrt, weil dabei die Hände am Lenkrad bleiben können.
Shopping-to-Go direkt aus dem Auto
Ähnlich wie bei den Assistenten, die viele schon von ihrem Smartphone kennen, müssen Autofahrer Anweisungen zukünftig nur aussprechen und der Sprachassistent antwortet auf die Fragen oder führt standardisierte Befehle aus, wie z.B. einfache Bestellungen. Doch das ist nur der Anfang. Visionäre stellen sich eine Welt vor, in der Verbraucher ihre alltäglichen Einkäufe nahtlos aus dem Auto heraus erledigen können. Im Auto hinterlegte Bezahldaten sorgen dafür, dass der Fahrer seine Brieftasche in der Jacke lassen kann. Auch das Herunterladen und Hören von Audiobüchern oder Musik wird dann direkt vom Auto aus möglich sein. Restaurants, Hotels, Dienstleister oder Geschäfte können über die Sprachassistenten gesucht und angesteuert werden. Sogar Tischreservierungen soll das smarte System durchführen können.
Neue Werbemöglichkeiten und die Chance auf Kundendaten
Der Point of Sale „Auto“ ist vor allem für Autohersteller überaus reizvoll: Stehen sie doch vor der Herausforderung, dass sie recht wenig über ihre Kunden wissen, da der Kundenkontakt in der Regel über den Kfz-Handel läuft. In einer Welt, in der Kundendaten eine immer wichtigere Rolle spielen, ist ein Marktplatz im Auto ein guter Weg, um mehr über die Autobesitzer herauszufinden. Schließlich fallen bei jeder Transaktion Daten an.
Ein weiterer Aspekt: Verbundene selbstfahrende Autos liefern ein höchst interessantes Publikum für Vermarkter, ist der Fahrer eines autonomen Fahrzeugs doch geradezu dankbar für jegliche Art von „Unterhaltung“. Über digitale Werbeanzeigen am Straßenrand können Unternehmen gezielt auf den Fahrer zugeschnittene Werbebotschaften ausstrahlen. General Motors beispielsweise experimentiert in den USA bereits mit solchen Kampagnen, bei denen vorbeifahrende Autos identifiziert und auf nachfolgenden Straßenschildern mit gezielter Werbung angesprochen werden. „Die Einführung autonom fahrender Autos wird zu einer neuen Definition von „Mobilität“ führen und den Begriff „Mobile Commerce“ nachhaltig verändern“, erklärt Melisa Hadzic, Leiterin der Internet World Messe. Und dabei steht die Beziehung Auto – Einzelhandel erst ganz am Anfang.
Quelle: ots