Digitale Wirtschaft

Resilienz und Flexibilität: Investitionen in die digitale Produktion boomen

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Die Industrie investiert weltweit jährlich mehr als eine Billion Euro in digitale Transformationsprogramme. Das geht aus der Digital Factory Transformation Survey 2022 hervor, die die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland (PwC) anlässlich der Hannover Messe veröffentlicht hat. Wo früher Kostensenkung und Effizienz im Vordergrund standen, rücken heute Flexibilität und Resilienz in den Vordergrund.

Die vergangenen Jahre waren für produzierende Unternehmen von anhaltenden Krisen geprägt: Unterbrochene Lieferketten, große Nachfrageschwankungen und der akute Inflationsdruck sind nur einige der Herausforderungen, denen sich die Betriebe bis heute stellen müssen. Infolgedessen waren fast alle Unternehmen gezwungen, ihre Produktion flexibler zu gestalten und auf ein Wertschöpfungskettenmodell zu setzen, das Resilienz in den Fokus rückt.

Viele Unternehmen investieren deshalb in ihre digitale Transformation. Die globale Befragung von 700 Industrieunternehmen zeigt, dass die Zahl der Unternehmen, die digitale Technologien zur Senkung von Kosten einsetzen, drastisch eingebrochen ist, während die Zahl der Unternehmen, die investieren, um ihre Flexibilität und Resilienz zu stärken insgesamt um 76 Prozent gestiegen ist.

Auch der wachsende Stellenwert von nachhaltigen Produktionsabläufen hat die Art und Weise, wie Unternehmen in die Zukunft investieren, stark verändert. Die Befürchtung, dass die Corona-Krise das Thema Nachhaltigkeit bei den großen Industrieunternehmen in den Hintergrund drängen würde, hat sich als falsch herausgestellt. Das Gegenteil ist der Fall: Die Zahl der Unternehmen, die in digitale Technologien investieren, um nachhaltiger zu wirtschaften, hat sich mehr als verdoppelt. „Die Studie zeigt, dass die Investitionen in Nachhaltigkeit schon aufgrund der zunehmenden regulatorischen Anforderungen stark vorangetrieben wurden. Der Bedarf nach operativer Resilienz hat diese Dynamik zusätzlich erhöht“, erklärt Dr. Reinhard Geissbauer.

Die Fabrik der Zukunft

Die neue Studie zeigt, dass die digitale Transformation in der Industrie viele Facetten hat: Unternehmen setzen auf „Backbone“-IT-Systeme wie die weit verbreiteten Enterprise-Resource-Planning-Suiten (ERP) und Manufacturing Execution Systeme (MES), aber auch auf neue Innovationen wie Betriebsplattformen für Geräte und Sensoren, die über das Industrial Internet of Things (IIoT) vernetzt sind. Darüber hinaus finden sich in vielen Betrieben softwarebasierte Business Anwendungen oder Use Cases wie Systeme zur Steuerung der Produktionsqualität oder zur Wartung von Maschinen. Zudem sind vielerorts Technologien wie Drohnen, Wearables oder automatisierte Roboterfahrzeuge im Einsatz. „Produktionsunternehmen erkennen jetzt, dass viele dieser digitalen Innovationen kombiniert werden müssen, um Fertigungsprozesse zu transformieren – vom Design bis zum Vertrieb“, sagt Michael Bruns.

Digitalisierungstempo trifft nicht die Erwartungen

Die Studie zeigt auch: Trotz der Fülle an neuen Technologien und der hohen Investitionen können viele Unternehmen ihre Digitalisierungspläne nicht umsetzen. Die Ergebnisse zeigen, dass es für die Unternehmen häufig schwieriger als erwartet ist, die Digitalisierung konsequent voranzutreiben. Zur Einordnung: In einer Umfrage aus dem Jahr 2014 gaben 80 % der Unternehmen an, dass sie ihre Digitalisierungsprojekte bis Ende 2019 abschließen wollen. Diese optimistischen Erwartungen wurden vielerorts enttäuscht.

Obwohl die Implementierungsrate neuer IT-Systeme, digitaler Geschäftsanwendungen und angewandter Technologien in den letzten vier Jahren stark gestiegen ist, ist der digitale Reifegrad bei vielen der weltweit größten Industrieunternehmen immer noch nicht da, wo er sein sollte. Mehr als 60 % der Unternehmen befinden sich noch in der Anfangsphase ihrer digitalen Transformation. Nur 10 % der Unternehmen profitieren bereits von den hohen Erträgen, der Flexibilität und der Resilienz ihrer vollständig abgeschlossenen, digitalen Transformation oder sind zumindest kurz davor.

Vier Erfolgsfaktoren

Die Expert:innen haben im Rahmen der Untersuchung vier Erfolgsfaktoren identifiziert, die sogenannte „Digital Champions“ auszeichnen. Die Studienergebnisse zeigen, dass diese Unternehmen die richtige digitale Strategie entwickelt und sich auf die relevantesten Technologien konzentriert haben. Außerdem haben sie ein standardisiertes, digitales „Rückgrat“ aus unterstützenden IT-Systemen entwickelt und ihre Organisationsstruktur so angepasst, dass sie digitale Betriebsmodelle aktiv trägt.

„Organisatorische Unterstützung und verbesserte Fähigkeiten sind für den Erfolg von Digitalisierungsprogrammen entscheidend – ohne sie kann die sich die transformative Kraft digitaler Technologien nicht im Unternehmen entfalten“, erklärt Geissbauer. Unternehmen müssten zudem erhebliche Investitionen in die Konnektivität und in die Harmonisierung ihrer Systeme tätigen, um in verschiedenen Betriebsumgebungen neue Arbeitsweisen einzuführen, so Geissbauer.

Höhere Investitionen führen zu höheren Renditen

Die Unternehmen aus der Umfrage planen in den kommenden Jahren Investitionen in Höhe von 1,8 % ihres Jahresnettoumsatzes – ein deutlicher Anstieg der Kapitalbindung im Vergleich zu früheren Studien. Dies entspricht einem geschätzten Gesamtvolumen für digitale Investitionen in der verarbeitenden Industrie von mehr als einer Billionen Euro. Dennoch sollten einige Unternehmen ihre Investitionsraten weiter erhöhen, da die Studie eine starke Korrelation zwischen hohen Investitionen und hohen Renditen aufzeigt.

Derzeit liegen die durchschnittlichen Investitionen für alle Sektoren bei 1,8 % des jährlichen Nettoumsatzes. Den Ergebnissen der Studie zufolge ist die Wahrscheinlichkeit für höhere Erträge bei Unternehmen, die mehr als 3 % ihres jährlichen Nettoumsatzes in die digitale Transformation ihrer Fabriken investieren, 2,5-mal höher als bei Unternehmen, die weniger als 2 % investieren.

Aus der Studie geht zudem hervor, dass Unternehmen, die größere Investitionen in die Digitalisierung tätigen und das damit einhergehende Risiko in Kauf nehmen, oft bessere Ergebnisse erzielen und ihre Investitionen schneller amortisieren. Die meisten Investitionen in digitale Technologien haben eine Amortisationszeit von etwa drei Jahren, aber in einigen Fällen können sich selbst umfangreiche Investitionen in grundlegende Technologien wie IT-Backbone-Systeme innerhalb eines Jahres amortisieren.

„Es gibt keine allgemeingültige Formel für die digitale Transformation, denn der Erfolg stellt sich nur in einem komplexen Zusammenspiel von systemischen Veränderungen der IT-Architektur, der Ausarbeitung von Business Use Cases und der Implementierung spezifischer Technologien ein“, sagt Michael Bruns. „Wer zu wenig investiert, verpasst transformative Technologien, im Umkehrschluss kann aber auch zu viel in Anwendungen investiert werden, die für das Geschäft nicht relevant sind.“

Insgesamt zeigt die Studie, dass Unternehmen, die auf eine wohlüberlegte Auswahl von Technologien und Anwendungsfällen setzen und das richtige Gleichgewicht zwischen standardisierten Systemen und Flexibilität bei lokalen Rollouts finden, am ehesten überdurchschnittliche Erträge aus der digitalen Transformation erzielen können.

Quelle: Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland (PwC)

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