München/Zürich – Weltweit entwickeln sich Online- und zunehmend auch Mobile-Banking neben dem Filialgeschäft zu tragenden Säulen des Privatkundengeschäfts. In Deutschland erledigen bereits 80 Prozent der Kunden Bankgeschäfte im Internet und immer mehr nutzen hierfür mobile Endgeräte. Die weitere Digitalisierung deutscher Banken ist dennoch dringend notwendig, um der weitverbreiteten Unzufriedenheit der Kunden zu begegnen. Die Studie „Customer Loyalty in Retail Banking“ der internationalen Managementberatung Bain & Company zeigt die entscheidenden Hebel für eine Steigerung der Kundenzufriedenheit auf und identifiziert Finanzinstitute mit Vorbildfunktion. In Deutschland werden vor allem die Direktbanken positiv beurteilt.
Für die jährliche Studie zur Kundenloyalität im Retail-Banking erhöhte Bain 2013 noch einmal die Zahl der Befragten um rund 50.000 auf nun weltweit 190.000 private Bankkunden in 27 Industrie- und Schwellenländern. 10.000 Befragte stammten aus Deutschland. Rund um den Globus verändert sich das Retail-Banking mit hoher Geschwindigkeit: Online- und Mobile-Banking treten gleichberechtigt neben das klassische Filialgeschäft. In Skandinavien werden bereits bis zu drei Viertel aller Bankgeschäfte online und mobil erledigt. In Deutschland liegt dieser Anteil bei rund 60 Prozent (vgl. Abb. 1).
Noch setzen die Deutschen vor allem auf das gewohnte Online-Banking. 80 Prozent erklärten, dass sie zumindest einmal in den vergangenen drei Monaten im Internet Bankgeschäfte erledigt haben. Immerhin 35 Prozent nutzten hierfür ein mobiles Endgerät. 2012 lag diese Zahl noch bei 16 Prozent – das ist mehr als eine Verdoppelung binnen eines Jahres. Außerhalb Europas ist das Mobile-Banking allerdings wesentlich populärer. In China liegt der Anteil der Nutzer mobiler Bankangebote bereits bei 60 Prozent, in Südkorea bei 56 Prozent und in den USA bei 45 Prozent (vgl. Abb. 2).
„Der rasante Anstieg der Nutzerzahlen im Mobile-Banking zeigt die Dynamik der Entwicklung – im Vorjahr war Deutschland noch das Schlusslicht im weltweiten Vergleich“, erklärt Walter Sinn, Partner bei Bain & Company und Leiter der Banking-Praxisgruppe im deutschsprachigen Raum. „Die Kunden haben heute das Bedürfnis, zu jeder Zeit an jedem Ort mit jedem Gerät Bankgeschäfte zu erledigen. Dies ist eine der zentralen Herausforderungen der Digitalisierung.“
Deutsche Kunden beurteilen Direktbanken besonders positiv
Daher bietet die umfassende Digitalisierung auch eine gute Möglichkeit, der grundsätzlichen Unzufriedenheit gerade deutscher Kontobesitzer mit ihrer Bank zu begegnen. Im globalen Vergleich liegt die Loyalität der hiesigen Bankkunden mit einem Net Promoter Score (NPS) von durchschnittlich plus vier Prozent zwar nur im Mittelfeld, aber am oberen Ende in Europa und deutlich über dem Tiefststand von 2011. Zwischen den einzelnen Institutsgruppen gibt es dabei große Unterschiede: Mit einem NPS von durchschnittlich plus 48 Prozent stechen die Direktbanken heraus. Diese Kundenloyalität hat unmittelbare wirtschaftliche Konsequenzen, denn zufriedene Kunden kaufen mehr Produkte und bleiben ihrer Bank länger treu.
Handlungsbedarf: Überzeugendes Omnikanalangebot
„Die Loyalität der Kunden von Direktbanken befindet sich nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit auf einem hohen Niveau“, betont Dr. Dirk Vater, Bain-Partner und weltweiter Leiter für das Retail-Banking. „Mit ihrem digitalen Leistungsangebot liefern sie genau das, was Kunden heutzutage erwarten.“ Der Bankexperte warnt aber davor, Filialnetze vor diesem Hintergrund komplett infrage zu stellen: „Die Mehrzahl der Bundesbürger erwartet nach wie vor von ihrer Bank eine persönliche Beratung. Modernisierte Niederlassungen vor Ort mit umfangreichen digitalen Angeboten bleiben damit eine wichtige Visitenkarte der Institute für bestehende und potenzielle Kunden. Doch die Filialbanken müssen möglichst rasch Online- und Offlineangebote zu einem echten Omnikanalangebot verknüpfen und neue Technologien zügig integrieren.“ Dies gilt beispielsweise für das Mobile-Payment. Derzeit verwenden erst 13 Prozent der Deutschen ihr Smartphone oder Tablet zum Bezahlen. In China liegt dieser Anteil bereits bei 49 Prozent und in Spanien immerhin bei 21 Prozent (vgl. Abb. 3).
Bankexperte Sinn sieht die deutschen Banken in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen: „Die digitale Aufholjagd hat gerade erst begonnen. Die deutschen Finanzinstitute müssen die Digitalisierung und Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle mit Hochdruck vorantreiben, um die Loyalität ihrer Kunden zu steigern und sich wieder als der bevorzugte Ansprechpartner für Finanzthemen zu etablieren.“
Quelle: ots