Kassel – Deutscher Umweltpreis an exzellente Effizienz-Experten
Der Deutsche Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) ist zum 22. Mal vergeben. Aus den Händen von Bundespräsident Joachim Gauck nahmen heute in Kassel der Ökonom und Energieeffizienzexperte Prof. em. Dr. Peter Hennicke (72, Wuppertal) und der Wissenschaftler und Gründer der Firma UNISENSOR Sensorsysteme, Prof. Dr.-Ing. Gunther Krieg (72, Karlsruhe), den höchstdotierten, unabhängigen Umweltpreis Europas in Empfang. Die DBU würdigte damit das jahrzehntelange außergewöhnliche Engagement der Preisträger für das Einsparen von Energie und den Schutz wertvoller Ressourcen. Mit dem bisher nur dreimal von der DBU zusätzlich vergebenen Ehrenpreis wurde Hubert Weinzierl (78, Wiesenfelden) für sein lebenslanges Naturschutz-Engagement geehrt.
Dabei hätten die Preisträger ihre Ziele der Energie-, Ressourcen- und Materialeffizienz auf ganz unterschiedlichen Wegen verfolgt, betonte DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann im Rahmen der Preisverleihung heute: „Hennicke als Wissenschaftler und ausgewiesener Experte für eine nachhaltige Energieversorgung, Krieg als erfolgreicher Unternehmer und Entwickler weltweit einmaliger Mess- und Analysesysteme, die uns für eine nachhaltige Zukunft Perspektiven aufzeigen.“
Mit außergewöhnlichem Engagement und wissenschaftlicher Kompetenz habe Hennicke erfolgreich für den ökologischen Umbau des Energiesystems, das Einsparen von Energie und die ökonomische Machbarkeit einer Vollversorgung aus erneuerbaren Energien gearbeitet, unterstrich die DBU. Der Ökonom und Professor für Wirtschaftspolitik und Energiewirtschaft habe maßgeblich dazu beigetragen, die wissenschaftlichen Grundlagen für die Energiewende zu schaffen und deren politische Umsetzung in Deutschland voranzubringen. Unter seiner Leitung sei eine Neukonzipierung des Forschungsprogramms am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie erfolgt, das sich mit dem Umsetzen von Nachhaltigkeitsstrategien in die Praxis beschäftige.
Preisträger Krieg habe mit seinen einmaligen Mess- und Analysesystemen seine Vision in die Realität umgesetzt, das weltweite Verschwenden wertvoller Ressourcen einzudämmen. Krieg habe sich während seiner wissenschaftlichen Laufbahn an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Karlsruhe mit der optischen Analyse von Stoffen befasst und 1990 UNISENSOR gegründet. Die von ihm entwickelten Technologien seien Meilensteine im produktionsintegrierten Umweltschutz. Mit seinen revolutionären Verfahren könnten wertvolle Kunststoffe auf höchstem Qualitätsniveau wiederverwertet und Chemikalien etwa im Offsetdruck viel genauer dosiert und damit eingespart werden. Mit seinem technologischen Gespür und seiner Leidenschaft für neue Entwicklungen trage Krieg maßgeblich dazu bei, den verschwenderischen Verbrauch endlicher Ressourcen wie etwa Erdöl zu verringern und die Materialeffizienz zu steigern.
Ehrenpreisträger Weinzierl würdigte die DBU als Vordenker und Visionär, einen der ganz wenigen Zeitzeugen, die den organisierten Naturschutz aus der Nische in das Zentrum der Gesellschaft gerückt hätten. Er gelte vielen als profiliertester Naturschützer Deutschlands und Integrationsfigur von klassischem Naturschutz und moderner Umweltpolitik. Der Ehrenpräsident des Deutschen Naturschutzringes (DNR) und Ehrenvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) habe sich Zeit seines Lebens mit viel Zivilcourage in der Naturschutzbewegung engagiert. Er sei nicht eine, sondern die tragende Persönlichkeit des Naturschutzes in Deutschland und habe wichtige Akzente für Nachhaltigkeit, Schöpfungsverantwortung und den Schutz der Artenvielfalt gesetzt. Beispielhaft für den langjährigen Kuratoriumsvorsitzenden der DBU seien seine Impulse für die Umweltbildung, einen nachhaltigen Lebensstil sowie für den praktischen Artenschutz.
Die Preisträger selbst machten in Filmbeiträgen, die während des Festaktes eingespielt wurden, ihre Positionen und Einstellungen noch einmal deutlich. Hennicke unterstrich seine Sorgen mit Blick auf den Klimawandel, der sich so entwickelt habe, wie er es nur in Albträumen erlebt habe. Wenn es nicht gelinge, in den nächsten zehn, 20 Jahren das Ruder rumzureißen, „werden wir ziemlich katastrophalen Seiten als Menschheit entgegen sehen“. Andererseits wies der „besorgte Optimist“ mit Stolz darauf hin, dass die Vision einer winzigen Minderheit – die Energiewende – heute nicht mehr aus der Welt zu schaffen sei. Zwar fielen für heutige Generationen etwas höhere Kosten an als bisher, „aber unsere Kinder und Enkel werden die Gewinne einfahren“, weil nämlich die Risiken etwa der Atomenergie oder der Abhängigkeit von Öl beseitigt würden. Hennicke wünschte sich eine „Radikalität im Denken“, mit der das Wirtschaftssystem im Interesse folgender Generationen und der Schwellen- und Entwicklungsländer „gerechter und ökologisch verträglicher“ weiter entwickelt werde. Innovative Technologien könnten dazu einen wichtigen Beitrag leisten und zeigen, „dass die ökologischere Lösung durchaus auch die Günstigere sein kann“.
Krieg unterstrich seine Vision, durch die von ihm entwickelten Technologien und die vielfältigen Einsatzfelder seiner Sensorsysteme die Ressourcen der Erde bewahren helfen zu wollen. Wenn etwa durch seinen „Schnüffler“ ein und dieselbe Flasche rund zwanzigmal wiederverwendet werden könne, werde der Rohstoff Öl geschont und die Umwelt viel geringer belastet. Das sei möglich und auch wirtschaftlich, man müsse es nur tun. Denn „alles, was nicht wirtschaftlich ist, geht nicht, weil es niemand macht“. Auch die Auswirkungen auf den Treibhauseffekt seien enorm. Wenn seine Maschinen weltweit etwa 700.000 Tonnen Kunststoff recycelten, sei das so „als würde ich 700.000 Autos von der Straße nehmen, deren Treibhausgase, Kohlendioxid nicht mehr in die Atmosphäre gelangt“.
Ehrenpreisträger Hubert Weinzierl gestand ebenfalls in einem Filmbeitrag, dass er nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges habe feststellen müssen, dass sich die Menschheit noch immer in einem „finsteren Krieg“ befinde, nämlich dem gegen die Schöpfung. Deshalb habe er sich fortan für den Naturschutz engagiert, der „für mich zu einer Frage der Liebe geworden ist. Und wenn man sich in die Welt, die Schöpfung, die Lebewesen verliebt hat, dann lässt man davon nicht mehr ab.“ Ihm als „pathologischen Optimisten“ tue es gut, wenn die Schar derer wachse, die erkennt, dass es so nicht weitergehen könne. Weinzierl: „Die wächst weiter – und darauf setze ich meine Hoffnung.“
Zum Hintergrund: Mit dem 2014 zum 22. Mal verliehenen Deutschen Umweltpreis der DBU – dem unabhängigen, mit 500.000 Euro höchstdotierten Umweltpreis Europas – werden Leistungen von Personen ausgezeichnet, die vorbildlich zum Schutz und Erhalt der Umwelt beigetragen haben oder in Zukunft zu einer deutlichen Umweltentlastung beitragen werden. Es können Projekte, Maßnahmen oder Lebensleistungen einer Person prämiert werden. Kandidaten für den Deutschen Umweltpreis werden der DBU vorgeschlagen. Berechtigt dazu sind etwa Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, Kirchen, Umwelt- und Naturschutzverbände, wissenschaftliche Vereinigungen und Forschungsgemeinschaften, Medien, das Handwerk und Wirtschaftsverbände. Selbstvorschläge sind nicht möglich. Eine vom DBU-Kuratorium ernannte Jury, besetzt mit unabhängigen und herausragenden Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und gesellschaftlichen Gruppen, empfiehlt dem DBU-Kuratorium die Preisträger für das jeweilige Jahr. Das DBU-Kuratorium fällt die Entscheidung. Mit dem nur sporadisch vergebenen DBU-Ehrenpreis wurden bisher nur Michail Gorbatschow, Professor Dr. Hannelore „Loki“ Schmidt (verstorben) und Professor Heinz Sielmann (verstorben) ausgezeichnet.
Quelle: ots