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Das Privatkundengeschäft der europäischen Banken profitiert nicht mit Konjunktur

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Düsseldorf/Zürich – Europas Privatkundenbanken haben die Krise noch längst nicht abgeschüttelt. 2013 wurden in Europa über 4.500 Retail-Bankfilialen geschlossen, knapp dreimal so viel wie in herkömmlichen Jahren. Das zeigen die diesjährigen Ergebnisse des „Retail Banking Radar“ der globalen Managementberatung A.T. Kearney. Demnach stabilisieren sich die Institute zwar langsam und schrittweise. Die Gewinnmargen liegen aber nach wie vor unter dem Niveau von vor der Krise. Für die Studie wurde die Performance von 104 Privatenkundenbanken und Retail-Banking-Segmente in 24 west- und osteuropäischen Ländern ausgewertet. Sie bietet einen umfassenden Überblick über das Privatkundengeschäft der europäischen Banken.

Quellenangabe: "obs/A.T. Kearney"
Quellenangabe: „obs/A.T. Kearney“

Untersucht wurden sechs entscheidende Performance-Indikatoren:

Ertrag pro Kunde: Die Sparquoten bleiben unverändert hoch. Damit sind auch die privaten Sparguthaben ein weiteres Mal gestiegen, wenn auch langsamer als in jüngster Vergangenheit. Auf der anderen Seite sind die Darlehensvolumen leicht zurückgegangen. Daher steigerten die europäischen Retail-Banken die Einnahmen pro Kunde nur marginal von 667 Euro im Jahr 2012 auf 668 Euro im Jahr 2013. „Kunden großer Retail-Banken schieben wichtige finanzielle Entscheidungen und größere Investitionen noch auf die lange Bank, das wirkt sich auch auf die Einnahmen aus“, sagt Andreas Pratz, Partner bei A.T. Kearney und einer der Autoren der Studie.

Ertrag pro Mitarbeiter: Das ist der einzige Indikator, bei dem europäische Retail-Banken annähernd das Vorkrisenniveau wiedererlangen konnten und sowohl 2012 als auch 2013 einen Anstieg erzielten, nunmehr auf 218.000 Euro. Die Retail-Banken bauten weiter Personal ab – so wurden im vergangenen Jahr ca. 1,5 Prozent der Mitarbeiter reduziert. Insgesamt haben die Banken im Laufe der vergangenen sechs Jahre mehr als 250.000 Stellen gestrichen, das sind ca. 7 Prozent der Stellen im Vergleich zur Zeit vor der Krise. Zinseinnahmen im Verhältnis zu Gesamteinnahmen: Dieser Indikator gab um einen halben Prozentpunkt auf 70 Prozent nach. Damit schwankt er seit fünf Jahren in einem engen Korridor zwischen 70 und 71 Prozent. Begrenztes Wachstum im Darlehensgeschäft und das dauerhafte Zinstief belasten weiterhin die Zinseinnahmen. Wegen der geringen Wachstumsraten bei Kapitalmarktprodukten stagnierten auch die Provisionseinnahmen.
Cost-to-income-ratio: Dieser Indikator (Kosten/Einnahmen-Quote) verbesserte sich 2013 trotz Restruktierungsmaßnahmen nur leicht auf 61 Prozent. „Interessanterweise zeigen unsere Ergebnisse praktisch keine Korrelation zwischen Stellenabbau und Kosten, obwohl die Personalkosten bei den meisten europäischen Retail-Banken mindestens die Hälfte der Gesamtkosten ausmachen“, so Pratz. „Wir gehen davon aus, dass viele Banken, die effektiv Kosten eingespart haben, die daraus resultierenden Gewinne reinvestiert haben und sich für größere Umstrukturierungen rüsten.“ 2013 wurden in Europa über 4.500 Retail-Bankfilialen geschlossen, knapp drei Mal so viel wie in den Jahren zuvor. „Die durchschnittliche Filiale ist heute für wesentlich mehr Menschen zuständig als früher und betreut ca. 5.000 Kunden, das sind knapp 18 Prozent mehr als im Jahr 2008“, sagt Daniela Chikova, Partnerin bei A.T. Kearney und Autorin der Studie.

Risikovorsorge im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen: Nachdem die Risikovorsorge 2012 auf den Höchststand von 24 Prozent gestiegen war, geht sie nun langsam zurück. Die Steigerung 2012 war auf die umfangreichen neuen Rückstellungen von Banken auf der Iberischen Halbinsel und in Italien sowie in bestimmten osteuropäischen Märkten zurückzuführen. „Maßnahmen zur Bereinigung der Alt-Portfolios, ein strikteres Risikomanagement und rigidere Risikomodelle lassen hoffen, dass die Retail-Banken 2015 auf ein niedrigeres Risikovorsorgeniveau von 16 Prozent zurückkehren“, so Chikova. „Aber immer noch drohen konjunkturelle Probleme, und die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor sehr hoch. Wir raten weiterhin zu Vorsicht.“

Gewinn pro Kunde: Mit 127 Euro Gewinn pro Kunde hat sich die Gesamtrentabilität erholt, ist aber noch weit vom Vorkrisenniveau entfernt. Trotz umfassender Umstrukturierungen operieren die Institute in Portugal und Italien mit einem Verlust von 96 Euro bzw. 279 Euro pro Kunde nach wie vor tief in den roten Zahlen. Auch auf dem übrigen Kontinent bleibt profitables Privatkundengeschäft eine Herausforderung.

Regional gesehen herrschen für die Banken große Unterschiede: In Skandinavien und in der Schweiz operieren die Banken nach wie vor auf einem höheren Einnahmen-, Produktivitäts- und Gewinnniveau als die anderen europäischen Institute. In Westeuropa prägen auch weiterhin niedrige Wachstumsraten und eine Erosion der Margen das Bild. „Challenger-Banken“ wie Einzelhandelsunternehmen, Online-Banken oder Peer-to-Peer-Plattformen gewinnen an Boden und erhöhen den Druck. In Südeuropa haben die Banken ihre Bilanzen bereinigt und halten ihren ambitionierten Restrukturierungskurs. In Osteuropa erholen sich die Institute wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit von den großen europäischen Playern nur langsam, aber die Aussichten für die Region bleiben positiv. „Restrukturierungsmaßnahmen sind überall in Europa zu beobachten, aber je nach Region verlaufen diese unterschiedlich schnell“, stellt Pratz fest.

Je nach Geschwindigkeit des Konjunkturaufschwungs und der Finanzstärke der einzelnen Banken werden sich die europäischen Retail-Banken 2014 und 2015 leicht erholen: Die Zinsspannen und damit die Erträge dürften langsam wieder steigen. Die Risikovorsorge wird angesichts der Stabilisierung des Arbeitsmarktes etwas sinken, genauso wie die Cost-to-income-ratios aufgrund der Restrukturierungsmaßnahmen. Wegen des schleppenden Ertragswachstums und der laufenden Investitionen in neue Geschäftsmodelle werden die Institute jedoch für lange Zeit nicht mehr so rentabel arbeiten können wie vor der Krise, so die Autoren der Studie.

Doch wie sollten sich die Banken nun für die Zukunft rüsten? Die Experten von A.T. Kearney haben vier Bereiche identifiziert, die Banken auf kurze Sicht in den Mittelpunkt stellen sollten: Kosteneffizienz neu bewerten: Die Kosteneffizienz befindet sich seit fünf Jahren auf der Agenda jeder Bank, auch wenn Ziele und Maßnahmen regional sehr unterschiedlich sind. Angesichts des nach wie vor schwachen Wachstums und hohen Regulierungsdrucks bleibt das Kostenmanagement ein wichtiger Faktor zur Verbesserung der Performance. Nach Meinung der Autoren der Studie kann eine ganzheitliche Sicht der Kosten und des Geschäftsmodells viel dazu beitragen, eine tragfähigere Kostenbasis zu schaffen. „Die führenden Banken in unserer Datenbank erreichen Kosten/Einnahmen-Quoten zwischen 37 und 45 Prozent. Das macht das Verbesserungspotenzial für Retail-Banken in Europa deutlich“, kommentiert Daniela Chikova.

Filialen in einem Multikanal-Umfeld auf den Prüfstand stellen: Banken werden in Zukunft weniger und kleinere Filialen betreiben mit Hauptschwerpunkt auf Beratung und Stärkung der Markenidentität. Zudem werden sie neue Technologien und andere Formate nutzen. Die Transformation wird weder schnell gehen, noch einfach sein. Die Reduzierung der Filialgrößen und die Schließung von Filialen erfordert genaues Wissen über Kundenanforderungen und Kundenzahlen sowie eine gute Planung verfügbarer Kapazitäten. Zudem müssen die Mitarbeiter mehrfach qualifiziert und Experten für komplexe Themen (wahrscheinlich nicht mehr vor Ort) bereitgestellt werden. Digitaltechnologien einbinden: Digitalisierung ist nicht nur ein wünschenswertes Add-on für bestehende Produkte, sondern führt zu einer Transformation des Geschäftsmodelles an sich. Das betrifft die Kundenseite, aber auch alle Aspekte der internen Organisation. Digitale Banking-Angebote sollten die Vorteile der Online- und der Offline-Welt vereinen, um einen exzellenten Kundenservice zu garantieren. Voraussetzung dafür ist aber interner Backend-Support – schlankere Betriebsmodelle, optimierte Entscheidungsprozesse und Governance sowie eine integrierte IT-Infrastruktur, die eine extrem schnelle Verarbeitung ermöglicht.

Profitabler werden: Beim Retail-Banking geht es definitionsgemäß um den Massenmarkt, aber in vielen Ländern ist der Durchschnittskunde für die Bank bestenfalls leicht profitabel. Angesichts der großen Unterschiede bei der Kundenrentabilität selbst innerhalb ein und desselben Instituts müssen die Banken ihre Kundengruppen segmentieren, um sich ein wirklich profitables Privatkundengeschäft zu sichern.

Quelle: ots

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