Berlin (ots) – Mit dem Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union am 1. Juli 2013 ist exakt jeder vierte EU-Mitgliedstaat ein Bausparkassen-Land. Auch die Marktbedeutung nimmt kontinuierlich zu. Im Jahre 2012 überstieg nämlich die Bausparsumme in ganz Europa erstmals die Marke von 1 Billion Euro, verteilt auf einen Bestand von rund 42 Millionen Bausparverträgen. Nach Auskunft von LBS Research wird das Bausparen als Schlüsselprodukt für die solide Finanzierung von Wohneigentum bereits in acht Ländern vom Staat gefördert (vgl. Grafik).
Vor diesem Hintergrund gewinnen aus Sicht der LBS-Experten die aktuellen Überlegungen der EU-Kommission zusätzlich an Gewicht. Diese habe im Grünbuch „Langfristige Finanzierung der europäischen Wirtschaft“ auf die Bedeutung der Mobilisierung langfristiger Ersparnisse hingewiesen und hierbei als Beispiel auch den „Bausparvertrag in Deutschland“ genannt. Im Gegensatz zu anderen Spar-Modellen, die es tatsächlich nur in einzelnen Ländern gebe, habe sich das Bausparen jedoch längst in weiten Teilen Mitteleuropas etabliert.
Nach dem Fall des eisernen Vorhangs hat laut LBS Research eine Reihe von Staaten in Mittel- und Osteuropa recht bald auf das Bausparen nach deutsch/österreichischem Vorbild gesetzt, um bei breiten Schichten der Bevölkerung eine solide Wohnungsbaufinanzierung in Gang zu bringen: zunächst die slowakische und die tschechische Republik, später gefolgt von Ungarn, Kroatien und zuletzt Rumänien. Besonders erfolgreich habe sich der Markt in Tschechien entwickelt. Bezogen auf die Bevölkerungszahl erreiche hier die Quote der Bausparverträge über 40 Prozent. Damit werde sogar die Verbreitung in Deutschland (37 Prozent) übertroffen. Nur in Österreich sei die Popularität mit 60 Bausparverträgen auf 100 Einwohner noch höher.
In allen Bausparländern zeigt nach Auskunft der LBS-Immobilien-Experten die praktische Erfahrung, dass sich die Wohnungsbaufinanzierung hier deutlich stabiler entwickelt hat als etwa in Spanien, Irland oder in Großbritannien (das sich längst vom klassischen Bausparen verabschiedet hat). Vielfach wurde stattdessen die Kreditvergabe bis 100 Prozent (oder mehr) auch noch durch die steuerliche Absetzbarkeit von Schuldzinsen begünstigt. Dies erschwert, so LBS Research, dort wie auch in Skandinavien das Bausparen, das auf rechtzeitiges Ansparen von Eigenkapital und auf möglichst zügiges Tilgen setzt.
Ein Sonderfall ist nach Informationen der LBS-Bauspar-Experten Luxemburg. Dort gebe es zwar keine Bausparkasse mit Sitz in den eigenen Grenzen. Trotzdem setze unser Nachbarland bereits seit langem auf das Bausparen – das von deutschen Bausparkassen vor Ort angeboten werde – und fördere es durch attraktive steuerliche Absetzungsmöglichkeiten im Rahmen der Vorsorgeaufwendungen. Wohnungspolitisch liegt dies aus Sicht von LBS Research nahe, gibt es doch bei dem hohen Immobilienpreisniveau in Luxemburg erhebliche Teile der Bevölkerung, die sich ohne ausreichendes Eigenkapital eigene vier Wände kaum leisten könnten.
Vor diesem Hintergrund ist es nach Auskunft der Immobilienexperten der LBS auch nicht verwunderlich, dass in einem weiteren ausgesprochen „wohlhabenden“ Land Europas immer wieder über die Einführung eines geförderten Bausparens politisch diskutiert wird: der Schweiz. Einzelne Kantonalbanken hätten in der Vergangenheit unter dem Begriff „Bausparen“ günstige Ansparverträge für die Finanzierung von Wohneigentum angeboten. Der Vorschlag einer landesweiten Ausdehnung, unterstützt durch eine relativ großzügige neue Bausparförderung, habe es bei einer Volksabstimmung im Jahre 2012 immerhin auf eine Quote von 44 Prozent Ja-Stimmen gebracht.
In Ländern wie Frankreich, Belgien und zuletzt auch Italien hätten deutsche Bausparkassen ähnlich wie in Luxemburg zwar Verträge jenseits der Grenzen platzieren können. Da sie dort aber teilweise sogar in Konkurrenz gegen anderweitig geförderte Angebote im Baufinanzierungsmarkt stünden, hätten sie bislang noch keine größere Marktbedeutung erreicht.
Eine weitere Expansion des klassischen Bausparens in Europa ist durchaus möglich, so die LBS-Experten in ihrem Fazit. Wo immer über effiziente, für den Staat nicht zu kostspielige und langfristig stabile Anreize für die private Wohnungsbaufinanzierung breiter Bevölkerungsschichten nachgedacht werde, sei das Bausparen eine gute Alternative. So werde derzeit auch in Polen die Einführung des Bausparens diskutiert.