Düsseldorf – Montagmorgen in einem Lagerhaus- und Bürokomplex in Atlanta. Für den 68-jährigen Gerd Kichniawy beginnt die USA-Woche. Am Vortag ist er mit einem Direktflug von Düsseldorf in die Hauptstadt des US-Bundesstaates Georgia geflogen.
Er ist ein Pendler zwischen den Welten. Vor 30 Jahren gründete er in Atlanta die gatc mit dem Ziel, ausländischen Firmen den Markteintritt in die USA zu ermöglichen. Zuerst waren es nur deutsche Kunden, jetzt betreut gatc mit 70 Mitarbeitern Firmen aus ganz Europa und Nahost.
Fröhlich winkend läuft der USA-Experte durch die Hallen und grüßt an jeder Ecke. Hier werden Produkte für den Weiterverkauf nicht nur gelagert, sondern auch montiert. Links bauen Israelis digitale Parkautomaten für den Verkauf in Amerika zusammen, rechts werden deutsche Spezialstecker und Werkzeuge endmontiert. Und ganz hinten liegen tausende Arbeitsschuhe, die ein deutscher Unternehmer mit gatc-Hilfe mit großem Erfolg in Amerika verkauft. 87 Firmen hat gatc bisher geholfen, in Amerika Fuß zu fassen und gutes Geld zu verdienen. „Ich bin immer wieder schockiert, wie viele Firmen aus Europa glauben, hier das schnelle Geld machen zu können, ohne genaue Kenntnisse vom US -Markt zu haben.“ Er schüttelt den Kopf. Eigentlich ist der gebürtige Düsseldorf im Rentenalter, aber die 68 Jahre sieht man ihm nicht an. Da gibt es etwas, das hält ihn jung: Amerika!
Die erste Berührung mit den USA hieß Jerry Cotton. Die Abenteuer des FBI-Agenten faszinierten ihn in seiner Jugend. Er las die Romanhefte mit dem Stadtplan von New York auf den Knien. Kichniawys Mutter verehrte die Literatur-Nobelpreisträgerin Pearl S. Buck. Ohne Englisch zu können, reiste sie an die Wirkungsstätte der Autorin in Amerika. Diese Faszination übertrug sich auf den Sohn und der Unternehmensberater verbrachte demzufolge fast die Hälfte seines Lebens in Amerika. Er lernte schnell und erkannte die Notwendigkeit für ein Beratungsunternehmen, das nicht nur theoretische Denkarbeit leistet, sondern auch operativ umsetzt. So kümmert sich sein Team um alle Behördengänge, Zoll-Bescheinigungen, Zulassungen, Vertrieb, Marketing und Controlling.
„Die neuen Firmen können dadurch in Amerika sofort souverän arbeiten, denn unsere Leistung ist hier sehr anerkannt“, erläutert Kichniawy. „Und eines sollte man nicht vergessen“, fügt er hinzu: „Die Bürokratie hier ist riesig, gerade auch wenn es um den Markteintritt von ausländischen Firmen geht“.
Fakt ist für den 68-jährigen Düsseldorfer: „Wenn man die Ratschläge berücksichtigt, kann man als deutsche Firma hier viel Geld verdienen. Gerade jetzt wieder, wo Amerikas neuer Trend ist, im eigenen Land zu produzieren. ,Made in USA‘ wird wieder modern! Und dafür wird zum Beispiel deutsche Produktionstechnologie gebraucht.“ Der größte Fehler sei, nicht auf das zu hören, was der Markt wünsche, gerade die Deutschen würden oft als Besserwisser gelten. Und die Abhör-Affäre? „Wollt ihr Geld verdienen oder über Politik reden?“ ist gerne seine erste rhetorische Frage bei der Beratung.
Kichniawy liebt Amerika, vor allem die Größe des Landes und die fortwährende Pioniermentalität vieler Einwohner, die Service-Bereitschaft und die Gastfreundschaft. Wenn er neue potenzielle Kunden in Deutschland trifft, die den amerikanischen Markt erobern wollen, ist seine zweite rhetorische Eingangsfrage: „Wollt ihr Geld verdienen oder Amis belehren?“ Die USA sind seiner Meinung nach gerade jetzt für deutsche Firmen ein spannender Markt. Man müsse allerdings die Wünsche der Konsumenten genau kennen und sich auf diese einstellen.
Wer Kichniawy zuhört, der lernt einiges über die Fehler, die man sich selbst gerne ersparen möchte. Nicht wenige deutsche Firmen haben den US-Markt erfolglos verlassen, weil sie glaubten, ohne fachliche und praktische Beratung klarzukommen. Das waren dann oft teure Abenteuer.
Gerd Kichniawy hat noch große Pläne. Ihn faszinieren jetzt die Möglichkeiten der digitalen Revolution. „Ein Geschenk des Himmels, dass ich das mit erleben darf“, resümiert er. Und: „Das ist ein historischer Meilenstein der Menschheitsgeschichte!“
Er freut sich: Sein 25-jähriger Sohn Maximilian hat in diesen Tagen seinen Master-Studiengang in Großbritannien abgeschlossen. Jetzt tritt er an der Seite seines Vaters in die gatc. Und wird ebenso ein Brückenbauer zwischen Europa und Amerika.
Quelle: ots