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Gutachten zu Basel III: EU-Rat und Europa-Parlament müssen Regeln dringend nachbessern

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Lutz Goebel: Zocken weiter bevorzugt gegenüber Kreditgeschäft mit Realwirtschaft – Unkoordinierte und gleichzeitige Regulierungen verteuern Unternehmenskredite

Düsseldorf, 1. September 2011. Die Finanzregulierungen durch Basel III diskriminiert Unternehmenskredite gegenüber Finanzmarktgeschäften, das belegt ein Gutachten des angesehenen Banken- und Finanzmarktexperten Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels von der Universität Köln, das DIE FAMILIENUNTERNEHMER in Auftrag gegeben haben.

„Die Verhinderung einer neuen Finanzkrise war und ist nach den wohlstandsvernichtenden Spekulationen wichtigste politische Aufgabe. Heute müssen wir ernüchtert feststellen: die bisher getroffenen Regulierungsmaßnahmen sind nicht nur unzureichend sondern verstärken sogar krisenverschärfende Anreize. Das Zocken wird gegenüber dem klassischen Kreditgeschäft mit der Realwirtschaft immer noch begünstigt. Die Regulierungen konzentrieren sich zu stark auf normale Banken und lassen das Schattenbankensystem wie Hedge-Fonds völlig unbeeinträchtigt. Besonders ärgerlich und schädlich ist aber, dass insbesondere durch die geplanten Basel-III-Regeln und die zeitgleichen anderen unkoordinierten nationalen Regulierungen in der Regel risikoarme Unternehmenskredite zukünftig verteuert werden. Hier müssen die Bundesregierung über den EU-Rat und die Europaparlamentarier dringend nachsteuern“, forderte Lutz Goebel, Präsident von DIE FAMILIENUNTERNEHMER.

Drei wichtige Veränderungen müssen laut Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht an der Universität zu Köln, in der Europäischen Kapitaladäquanzrichtlinie (CRD IV) durchgesetzt werden: „Sowohl die kurzfristigen als auch die mittelfristigen Liquiditätsvorschriften müssen so verbessert werden, dass Unternehmenskredite nicht weiter benachteiligt werden. Außerdem müssen die Risikogewichte bei der geforderten Eigenkapitalunterlegung zu Gunsten der Kredite verbessert werden. Die Finanzkrise und auch die aktuelle Staatsschulden-Krise zeigen, dass sowohl Eigengeschäfte der Banken als auch Staatsanleihen wesentlich höhere Risiken in sich bergen, wohingegen das Ausfallrisiko von klassischen Unternehmenskrediten selbst in der Krise in einem kalkulierbaren Rahmen geblieben ist. Die jetzt vorgesehenen Regeln werden besonders den Mittelstand treffen. Kleine und mittlere Betriebe können sich im Gegensatz zu großen Unternehmen nicht direkt an den Finanzmärkten durch Unternehmensanleihen refinanzieren.“

DIE FAMILIENUNTERNEHMER kritisieren seit Beginn der Krise, dass die nationalen und internationalen regulatorischen Maßnahmen für die Finanzmärkte unzureichend aufeinander abgestimmt sind. Dadurch werden erstens krisenverursachende Faktoren nur bedingt bekämpft und zweitens wird es zu negativen Folgen für die deutschen Unternehmen kommen, da sich das klassische Kredit­geschäft für Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken verteuern wird.

Insbesondere das noch nicht in europäisches Recht überführte Regelwerk Basel III muss deshalb noch an entscheidenden Stellen nachgebessert werden. Der Entwurf der Europäischen Kapitaladäquanzrichtlinie (CRD IV) muss dahingehend geändert werden, dass eine Lenkungswirkung zulasten von Firmenkrediten und zugunsten von Staatsanleihen ausbleibt. Basel III wird erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierungskosten der Banken haben sowie auf die Kosten der Liquiditätsbereitstellung. Es ist davon auszugehen, dass die zusätzlichen Belastungen, die durch Basel III, die Einlagensicherung, die Bankenabgabe, verschärfte MaRisk-Regeln und durch eine eventuelle Finanztransaktionssteuer entstehen, an die Kunden weitergege­ben werden. Das Gutachten zeigt die kumulative Wirkung der bereits beschlossenen Maßnahmen und prognostiziert für den Fall einer unveränderten Umsetzung von Basel III eine im Sinne der Krisen-Prävention nicht zu rechtfertigende Verteuerung von Firmenkrediten um bis zu 60 Basispunkte. Dieser Effekt wird sich tendenziell stärker auf Sparkassen und Genossenschaftsbanken auswir­ken, die traditionell einen Großteil der deutschen Mittelstandsfinanzierung abdecken.

Aus ordnungspolitischer Sicht darf es nicht zu einer vorhersehbaren Benachteiligung des Kredits gegenüber handelbaren Risikopositionen (Marktpreisrisiken) kommen. Es darf nicht die Lehre der Finanz­markt-Krise sein, dass gerade der deutsche Mittelstand höhere Finanzierungskosten akzeptieren muss oder gewachsene Hausbank-Kreditbeziehungen gegenüber kapitalmarktorientierten Finan­zierungen benachteiligt werden.

Basel III wird dazu führen, dass Banken künftig weniger regulatorisch erfasste Risiken übernehmen werden. Das betrifft neben den Kreditausfallrisiken vor allem Risiken, die mit der Fristentransformation zusammenhängen. Um Zinsänderungen zu reduzieren, werden die Banken Zinsbindungsfristen verkürzen, was zu einer Überwäl­zung der Risiken auf die Kreditnehmer führen wird. Mengen und/oder Preiseffekte sind deshalb sehr wahrscheinlich. Es wird schwieriger werden, mittel- und langfristige Kredite zu bekommen. Betroffen sind vor allem Unternehmen, die über eher durchschnittliche Eigenkapitalquoten und Bonität verfügen, sowie die mittel- und langfristigen Kredite. Betroffen ist also vor allem der deut­sche Mittelstand. Kredite werden nicht nur teurer, sondern auch schwieriger zu bekommen sein. Banken werden teilweise so risikoavers, dass die Unternehmen die Risiken immer mehr selbst absichern müssen. Demgegenüber könnten sich für kapitalmarktorientierte Großunternehmen mit exzellenter Bonität sogar Refinanzierungsvorteile ergeben.

DIE FAMILIENUNTERNEHMER unterstützen jede Form der zielgenauen Regulierung der Finanzmärkte, die kommenden Krisen vorbeugt. Staaten und Regierungen dürfen bei der Präven­tion und Lösung von Krisen nicht mehr durch Finanzmarktakteure erpressbar sein. Wir vertreten zum allergrößten Teil die Realwirtschaft und ärgern uns ebenfalls sehr darüber, dass sinnvolle Absicherungsinstrumente missbräuchlich für Spekulationen eingesetzt werden und damit die Volatilität an Märkten verstärkt werden. Umso wichti­ger ist es, dass nicht blind reguliert wird und die Wechselwirkungen vieler nationaler und interna­tionaler Ansätze außer Acht gelassen werden, die in der Summe die Familienunternehmen stark belasten werden.

Das komplette Gutachten finden Sie hier:

http://www.familienunternehmer.eu/uploads/tx_wfmedienpr/gutachten_basel_III_02.pdf

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