Die Digitalisierung ermöglicht die zielgenauere und kostengünstigere Ansprache
Wenn Sie mit offenen Augen durch die Städte fahren oder auch die Fernsehwerbung betrachten, dann werden Ihnen wahrscheinlich zwei Dinge auffallen: Die großen Schilder bzw. Büros von Versicherungsmaklern sind nicht mehr so häufig zu finden wie „früher“. Stattdessen prangen an manchen Bankfilialen nunmehr die Logos der bekannten Versicherungen. Im Fernsehen ist nicht mehr der „archetypische“ Herr Kaiser der Hamburg-Mannheimer zu finden, stattdessen dominiert eine emotionale Werbung, die die Suche nach der passenden Versicherung zum günstigen Preis propagiert.
Wer sich auf die Suche nach den Ursachen für die Veränderung begibt, der könnte sich näher mit dem Verbraucherverhalten und auch der modernen Technologie befassen. Das klassische Beratungsgespräch mit dem Vorschlag nur eines einzigen Versicherungsanbieters scheint ausgedient zu haben, die Niedrigzinsphase tut ihr Übriges: Verbraucherinnen und Verbraucher suchen nunmehr aktiv nach den besten Versicherungen oder Geldanlagen.
Wie wirken sich moderne Unternehmensführung und insbesondere die Digitalisierung auf die Versicherungslandschaft auf? Eine aktuelle Studie beschreibt die aktuellen Marktveränderungen.
Plus an Informationen und schnellere Prozesse sind Ergebnisse der Digitalisierung
In einer von der Gothaer Versicherung beauftragten Studie wurden knapp über 1.000 Menschen hinsichtlich ihrer Einschätzung zur Digitalisierung von Versicherungen befragt. Fast 9 von 10 Befragten schätzen den Zugriff auf mehr Informationen und beinahe ebenso viele (86 %) nennen schnellere, elektronische Prozesse als Chancen der Digitalisierung. Zudem scheint die – insbesondere emotionale – Bindung an den örtlichen Versicherungsvertrieb weiterhin schwach ausgeprägt zu sein: Ein persönlicher Ansprechpartner wird zwar von 88 % der Befragten präferiert, dieser Wert bezieht sich aber nicht ausschließlich auf ein örtliches Versicherungsbüro. Transparente Leistungen und ein guter Rundumservice stehen weiterhin oben auf der Prioritätenliste, wie diese Studie zeigt.
Behutsame Digitalisierung kann ein Wettbewerbsvorteil sein
Im Klartext bedeutet dies, dass die Kunden zwar gegenüber der Digitalisierung zwar aufgeschlossen sind, dennoch aber weiterhin – irgendeine – Art persönlichen Ansprechpartner schätzen. Dies bedeutet für die Online-Versicherungen ebenso wie für die gesamte Versicherungsbranche: Die Unternehmensorganisation sollte im Hinblick auf die Kundenkontakte in möglichst gleich bleibende, überschaubare Teams organisiert werden. Damit ist das allgemeine Call-Center „out“, bei dem ein Anrufer bei irgendeinem der Mitarbeiter landet.
Versicherer könnten die Inbound-Telefonie noch intelligenter und strukturierter organisieren. Der Kunde wählt nicht mehr die zentrale Durchwahl, sondern eine Team-Durchwahl bei der meist die gleichen Back-Office-Mitarbeiter den Anruf annehmen. Der Bildschirm sollte gleich die wichtigsten Kundendaten zeigen sowie die aktuellen Transaktionen oder Anrufe. Für kompliziertere Fragen sollte eine Verbindung zum Versicherungsberater hergestellt oder ein Rückrufwunsch ermöglicht werden.
Damit lässt sich eine Erreichbarkeit weit über die Bürozeiten hinaus darstellen, der Kunde kann zudem je nach aktuellem Bedarf entweder telefonisch, per Mail oder auch über die Webseite Kontakt aufnehmen. Damit bietet die Digitalisierung jede Menge Chancen sowohl für die Kunden, als auch die Versicherungen.
Das „Plus“ an Informationen mag zwar die Verhandlungsstärke und das Selbstbewusstsein der Kunden stärken – ein Nachteil für die Versicherungen. Die erweiterte Produktkenntnis führt aber zu geringeren Beratungs- und Vertragsabschlußkosten und verbreitert die Kunden- und Interessentenbasis: Sie kennen Produkte und interessieren sich für Versicherungen, die sie sonst niemals in Betracht gezogen hätten. Insoweit bietet die Digitalisierung für wettbewerbsfähige Versicherungen auch Ansatz für Mehrumsatz und -ertrag.