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Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) spart Kosten und verhindert Kündigungen

Hamburg – Kurz nach seinem 43. Geburtstag ist das geregelte, glückliche Leben von Herrn Ost, seiner Frau und der vierjährigen Tochter vorbei. Der anerkannte, gut bezahlte Buchhalter, seit 19 Jahren im selben Betrieb, erleidet einen Schlaganfall. Zwar erobert er sich schnell seine Sprachfähigkeit zurück, aber so einfach kann Herr Ost nach zehn Wochen Krankschreibung nicht wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren. Sein linkes Bein macht Probleme und es fällt ihm schwer, sich lange zu konzentrieren. Seine größte Angst: „Jetzt verliere ich den Job!“ Der zweite Gedanke seines Chefs – nach der ersten echten Betroffenheit: „So kann Herr Ost nicht mehr für uns arbeiten!“

Das Schicksal von Herrn Ost teilen pro Jahr viele Hunderttausend Beschäftigte, die aus gesundheitlichen Gründen für längere Zeit oder immer wieder ausfallen. Um diesen Menschen die Rückkehr ins Arbeitsleben zu erleichtern, gibt es das „Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)“. Doch wie sieht die Praxis aus? Verhindert BEM Kündigungen und lohnt sich BEM für den Arbeitgeber? Bettina Sciurba, Geschäftsführerin der auf Veränderungs- und Gesundheitsmanagement spezialisierten Unternehmensberatung GS Consult GmbH, liefert Praxiswissen.

Quelle: „obs/GS Consult GmbH/endopack“

Wozu brauchen Unternehmen und Mitarbeiter ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)?

Der Gesetzgeber verpflichtet Unternehmen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (§ 84 Abs. 2 SGB IX). Wird BEM von allen Beteiligten ernst genommen, kann es vor krankheitsbedingten Kündigungen schützen, Fehlzeiten reduzieren, Know-how erhalten und sogar Kosten sparen. BEM schafft Perspektiven für Mitarbeiter, die im Jahr mehr als sechs Wochen krank sind.

Lassen sich die Erfolge von BEM in Zahlen und Geld messen?

Ganz klar: Ja! Eine an der Universität Erlangen-Nürnberg vorgenommene ökonomische Nutzenbewertung spricht eindeutig für ein betriebliches Eingliederungsmanagement. Die Modellberechnung der Soziologen ergibt für jeden in das BEM investierten Euro einen Nutzen von fast fünf Euro. Die Studie verweist auf viele weitere Erfolgsstorys wie z. B. die eines großen Automobil-Werks in Köln, dessen „Disability Management“ zu einem Nutzen von ca. 19 Mio. Dollar geführt hat.

Birgt die Beschäftigung mit der Krankengeschichte beim BEM nicht auch Gefahren für Mitarbeiter?

BEM ist für Beschäftigte ein gesetzlich verankertes Recht. – Wenn es ernsthaft und nachhaltig betrieben wird, eine echte Chance ohne Nachteile. Trotzdem ist die Beteiligung am BEM kein Muss für den Mitarbeiter. Er darf das Gesprächs-Angebot des Arbeitgebers ablehnen, der BEM-Prozess gilt dann als beendet.

Wichtig: BEM-Gespräche sind KEINE Kranken- oder Kündigungs-Gespräche! Es geht NICHT darum, Mitarbeiter zu den Hintergründen ihrer Erkrankung auszuhorchen, um gute Gründe für eine Kündigung zu finden. Vielmehr geht es um Unterstützung, Vertrauen und zukunftsgerichtete Maßnahmen.

Was ist wichtig, damit BEM in der Praxis funktioniert?

Damit BEM positiv wirkt und nicht zur Pflichtveranstaltung verkommt, gibt Bettina Sciurba, Geschäftsführerin der GS Consult GmbH, acht Praxis-Tipps:

Praxis-Tipps:

1. Erfolgreiches BEM braucht ein einheitliches Verständnis aller Beteiligten.

  • To do: Zusammensetzen, Fakten und Erwartungen austauschen, einigen!

2. Alle Mitarbeiter müssen BEM kennen und schätzen, nicht nur die kranken.

  • To do: Beständig informieren, kommunizieren und Transparenz schaffen!

3. BEM braucht verbindliche Strukturen und Abläufe sowie bekannte Ansprechpartner.

  • To do: Terminierte Schritte und Verantwortliche festlegen, den Prozess und die Ergebnisse schriftlich dokumentieren!

4. Das Anschreiben an den Mitarbeiter mit der Einladung zum Gespräch ist der entscheidende Erstkontakt.

  • To do: Persönlich einsteigen, verständlich informieren, Bedenken (ernst-)nehmen, Termin vereinbaren und um Reaktion bitten!

5. BEM steht und fällt mit dem professionellen und menschlichen Erstgespräch zwischen Mitarbeiter und Personalverantwortlichem.

  • To do: Gespräche extrem gut vorbereiten, sich der Fallstricke und Chancen bewusst sein und – tatsächlich – vorher üben!

6. Große Angst haben Mitarbeiter davor, wie mit ihren persönlichen (Kranken)-Daten umgegangen wird.

  • To do: Datenschutz und Vertraulichkeit großschreiben und ggf. Betriebsarzt oder Betriebsrat als „Puffer“ hinzuziehen!

7. Der Erfolg bei der Umsetzung von BEM hängt vor allem von der offenen Suche nach den richtigen Maßnahmen ab.

  • To do: Mit allen Beteiligten Ideen sammeln: vom höhenverstellbaren Schreibtisch bis zum Arbeitsplatz-Tausch!

8. Finanzielle Zuschüsse gibt es über die Renten-/Krankenversicherung, die Agentur für Arbeit oder Berufsgenossenschaften.

  • To do: Kontaktstellen und Institutionen recherchieren. Kontakt aufnehmen, pflegen und nutzen!

Ein möglicher Einstieg für Personaler, Führungskräfte und Arbeitnehmervertreter in das Thema BEM sind Tagesseminare, die GS Consult deutschlandweit anbietet. Neben Hintergrundinfos geht es vor allem um handfeste Tipps für die Praxis und das konkrete Üben von Gesprächssituationen. Denn in der Praxis kann man vieles falsch machen – aber auch alles richtig!

Quelle: ots

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