Emissionsmarkt Deutschland
Frankfurt (ots) – Unternehmen fällt es allmählich wieder leichter, in Deutschland Kapitalgeber zu finden. Auf rund 2,08 Milliarden Euro summiert sich das Volumen der Initial Public Offerings (IPOs) im vierten Quartal des Jahres 2012; das Emissionsvolumen der Börsengänge zwischen Oktober und Dezember 2012 war damit fast acht Mal so hoch wie in den drei Monaten zuvor. Die Zahl der IPOs stieg im vierten Quartal um zwei auf insgesamt sieben IPOs, davon drei rein technische Listings ohne öffentliches Angebot neuer Aktien. Durch das starke Schlussquartal verzeichnet auch das Börsenjahr 2012 insgesamt mit 2,14 Milliarden Euro ein um 617 Millionen Euro höheres Emissionsvolumen als das Jahr 2011. Das zeigt der aktuelle Quartalsbericht „Emissionsmarkt Deutschland“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC.
„Große Unsicherheit hat das Geschehen an Deutschlands Börsen im Jahr 2012 geprägt – auch wenn die Volatilität im Lauf des Jahres 2012 zurückgegangen ist und die Rahmenbedingungen sich allmählich verbessert haben. Viele angekündigte Transaktionen wurden abgesagt oder verschoben, häufig weil Investoren hohe IPO-Abschläge verlangten und sich mit den Eigentümern nicht auf einen Preis einigen konnten. Bei Transaktionen, die stattgefunden haben, lag der Emissionspreis vielfach am unteren Ende der Bookbuilding-Spanne. Auch die am ersten Handelstag erzielten Preise lagen meist bestenfalls knapp über dem Emissionspreis – aber immerhin auch niemals darunter“, resümmiert Christoph Gruss, Partner im Bereich Capital Markets Accounting Advisory Services bei PwC.
Das hohe Gesamtvolumen des Jahres 2012 wurde zu fast 95 Prozent von den beiden großen IPOs des Schlussquartals erlöst – den Börsengängen der Talanx Aktiengesellschaft (767 Millionen Euro) und der Telefónica Deutschland Holding AG (1,26 Milliarden Euro). Weitere zehn IPOs im Verlauf des Jahres 2012 trugen zum Gesamtvolumen ganze 113 Millionen Euro bei. Zusammen mit 13 rein technischen Listings ohne Kapitalerhöhung ergibt sich eine Gesamtzahl von 25 IPOs im Jahr 2012 – sieben mehr als im Vorjahr. Allerdings waren von den 18 Transaktionen des Jahres 2011 nur fünf Listings ohne Emissionsvolumen.
Rückgang bei den Secondary Offerings
Bei Kapitalerhöhungen, sogenannten Secondary Offerings, wurde an Deutschlands Börsen im vierten Quartal 2012 nur rund eine Milliarde Euro erlöst. Das sind gut 60 Prozent weniger als im Vorquartal, in dem rund 2,5 Milliarden Euro zusammenkamen. Dabei blieb die Anzahl der Secondary Offerings mit 32 im vierten gegenüber 29 im dritten Quartal 2012 nahezu konstant.
Im Jahresvergleich brach das Volumen der Kapitalerhöhungen sogar um mehr als drei Viertel ein – von 27,4 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf nur noch 6,7 Milliarden Euro im Jahr 2012. Selbst wenn man die großvolumigen Kapitalerhöhungen der Commerzbank oder von RWE, die im Jahr 2011 stattfanden, außen vor lässt, war das Volumen der Kapitalerhöhungen im Durchschnitt 2012 niedriger als im Jahr 2011.
Anleihemarkt: Niedriges Volumen, sinkende Zinsen
Das Volumen der Anleihen, die Unternehmen an deutschen Märkten emittieren, verharrt auch im vierten Quartal 2012 auf moderatem Niveau: Insgesamt wurden 58 Milliarden Euro an Anleihen emittiert, noch einmal etwa 1,5 Milliarden Euro weniger als im dritten Quartal. Das Volumen hatte sich zur Jahresmitte 2012 mehr als halbiert – von 124 Milliarden Euro im ersten auf knapp 60 Milliarden Euro im zweiten Quartal 2012. Auf diesem Niveau stagniert das Volumen seither. Der durchschnittliche Zinssatz fiel um knapp 0,2 Prozentpunkte von 3,64 Prozent auf 3,45 Prozent, im Median fiel er um gut 0,3 Prozentpunkte von 2,95 Prozent auf 2,63 Prozent.
Die Börse Düsseldorf konnte mit einem Anleihe-Emissionsvolumen von 16,2 Milliarden Euro den ersten Platz zurückerobern. Auf dem zweiten Platz liegt jetzt die Börse Stuttgart mit 12,5 Milliarden Euro. Das Volumen an der Börse Frankfurt ist von 29,5 Milliarden Euro im dritten Quartal stark zurückgegangen auf 11,3 Milliarden Euro. Die Börse Frankfurt landet somit nur auf Rang drei.
Einen starken Anstieg verzeichnete der Markt für Mittelstandsanleihen. Das Volumen war mit 1,4 Milliarden Euro im vierten Quartal mehr als acht Mal so hoch wie im dritten Quartal (165 Millionen Euro). Dies lag hauptsächlich daran, dass im vierten Quartal zum ersten Mal der neue Prime Standard für Anleihen an der Frankfurter Wertpapierbörse berücksichtigt wird. Selbst bereinigt um diesen Effekt stieg das Volumen der Mittelstandsanleihen immer noch stark um 370 Millionen Euro (+224 Prozent) auf 535 Millionen Euro an. Der durchschnittliche Zinssatz fiel von 7,14 Prozent auf 6,75 Prozent, bedingt durch die Einbeziehung des Prime Standard für Anleihen. Bereinigt um diesen Effekt stieg der Zinssatz von 7,14 Prozent auf 7,28 Prozent an. Im Median fiel er von 7,25 Prozent auf 7,06 Prozent (bereinigt: 7,25 Prozent).
Verhalten optimistische Prognose für 2013
Die Volatilität gemessen am VDax ist im vierten Quartal weiter gesunken; der Trend zur Beruhigung, der sich im Jahresverlauf abgezeichnet hat, setzt sich offenbar weiter fort.
„Das ruhigere Fahrwasser ist ein guter Ausgangspunkt für das Börsenjahr 2013, Unternehmen werden ihre IPO-Aktivitäten verstärken. Möglich sind nach unserer Prognose 11 bis 14 echte IPOs, dazu können weitere technische Listings kommen. Für 2012 hatten wir 12 bis 15 Börsengänge vorhergesagt; am Jahresende zählen wir 25 Transaktionen, von den bei 12 IPOs tatsächlich neue Aktien angeboten wurden. Unsere Prognose hat sich damit am unteren Ende der Spanne realisiert, auch wenn die Emissionserlöse weit hinter den Erwartungen zurückblieben“, kommentiert PwC-Partner Christoph Gruss.
Im „Emissionsmarkt Deutschland“ erfasst PwC vierteljährlich sämtliche Aktienneuemissionen sowie Kapitalerhöhungen an der Börse Frankfurt. Darüber hinaus werden Neuemissionen von Unternehmensanleihen an den Börsen Frankfurt, Stuttgart, Berlin, München und Düsseldorf erfasst. Auf dem Aktienmarkt bleiben Umplatzierungen zwischen verschiedenen Marktsegmenten eines Handelsplatzes ebenso unberücksichtigt wie Emissionen aus einer Mehrzuteilungsoption („Greenshoe“) im Rahmen eines IPO. Die Zahlenangaben der Eigenkapitalinstrumente beruhen ausschließlich auf von den Börsen übermittelten Daten. Die Zahlenangaben der Fremdkapitalinstrumente im „Emissionsmarkt Deutschland“ beruhen auf Angaben von Bloomberg und beinhalten Notierungen bis einschließlich 28. Dezember 2012. Die Aufteilung nach Börsenplätzen beruht auf den Meldungen der jeweiligen Börsen an Bloomberg, wobei die erste meldende Börse das gesamte Volumen der Emission zugeschrieben bekommt, unabhängig davon, ob das gesamte Volumen an dieser Börse gehandelt wird. Die Angaben bezüglich der Emission von Mittelstandsanleihen beruhen auf von den Börsen übermittelten Daten und beinhalten ebenfalls Notierungen bis einschließlich 28. Dezember 2012.
Weitere Informationen sowie die Studie „Emissionsmarkt Deutschland“erhalten Sie unter: www.pwc.de/emissionsmarkt-q4-2012
Orginal-Meldung: http://www.presseportal.de/pm/8664/2391917/emissionsmarkt-deutschland-ende-gut-alles-gut/api