Düsseldorf/München – Die Energiebranche steckt in einer großen, zum Teil selbst verursachten Vertrauenskrise. Die Bedarfe des neuen Energiekunden „Homo Energeticus“ werden nicht erkannt und weder in der Produktentwicklung noch in der Kommunikation berücksichtigt. Energieversorger versagen darin, Wachstumsfelder in Branchenschnittstellen zu besetzen, und verlieren ihre Kompetenzen an die Industrie. Der Markt schreit nach einem unverzüglichen Turnaround in der Marktbearbeitung.
Seit der Energiewende versuchen Energieunternehmen sowie Industrieplayer mit der Platzierung energienaher Innovationen in Branchenschnittstellen zu stoßen – mit fraglichem Erfolg. Eine repräsentative Befragung von Batten & Company zeigt: Energieunternehmen verlieren den „Homo Energeticus“, weil sie daran scheitern, die Bedürfnisse des Energiekunden zu verstehen und zu berücksichtigen. Die Folge ist nicht nur eine Vertrauenskrise im Energiemarkt, sondern auch ein Verlust der Energiekompetenz an die Industrie.
Massive Vertrauenskrise, Verbraucher fühlen sich verloren im „Energie-Dschungel“. Das Thema „Energie“ wird immer wichtiger für die Verbraucher – für 64 Prozent der Befragten hat das Thema in den vergangenen zwei Jahren noch weiter an Bedeutung gewonnen. Gleichzeitig kapitulieren jedoch mehr als 60 Prozent der Verbraucher im undurchsichtigen „Energie-Dschungel“. Immer mehr Kunden vermissen eine Orientierung durch den eigenen Energieversorger. Die logische Konsequenz: 62 Prozent der Deutschen attestieren massive Vertrauensverluste in Energieunternehmen.
Energieunternehmen verlieren Kernkompetenz an Industrie. Bei wesentlichen Produkten rund um Energieeffizienz und -autonomie werden Industrieunternehmen wie Bosch oder Philipps von Kunden bevorzugt. Ausgerechnet in Wachstumssegmenten wie Smart Home vertrauen Verbraucher mehr auf die Industrie als auf ihre Versorger. Der Grund: Energieunternehmen fehlt die Innovationskompetenz. Drei Viertel der Kunden trauen ihrem Versorger keine Vorreiterrolle beim Thema „Energie“ zu. Für Björn Sander, Partner bei Batten&Company, ein dramatisches Signal: „Für die Energieunternehmen besteht das enorme Risiko einer Abwärtsspirale aus Kompetenzverlust, Austauschbarkeit und Rabattschlachten“.
Produkte der Versorger am Markt vorbei entwickelt – Wachstumschancen für die Industrie. Die Kundenbedürfnisse wandeln sich, der Preis ist nicht mehr das alleinige Entscheidungskriterium. Fast gleichauf liegt die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse (84 Prozent der Kunden) sowie die intuitive Anwendbarkeit der Produkte (83 Prozent). Die Energieversorger scheitern laut Umfrage daran, diese Anforderungen zu adressieren. Nur jeder Fünfte der Befragten hat das Gefühl, dass die persönliche Lebenssituation in der Produktentwicklung oder Kommunikation des eigenen Versorgers berücksichtigt wird. Daraus ergeben sich für Konkurrenten aus anderen Branchen große Wachstumschancen. Mittlerweile sehen nur noch 24 Prozent der Kunden ihre Erwartungen an innovative Produkte und Leistungen durch Energieversorger besser erfüllt als durch die Industrie.
„Gerade jetzt bietet sich Energieunternehmen die Möglichkeit, ihre Branchenkompetenz zu nutzen und echte Innovationen, beispielsweise wertstiftende Services zu entwickeln und professionell zu vermarkten. Grundlage hierfür wäre aber ein wirkliches und tiefes Verständnis ihrer Kunden.“, sagt Sander.
Sträfliche Ignoranz der Kundenerwartungen. Doch anscheinend haben die Energieunternehmen nur ein geringes Interesse an ihren Kunden. Lediglich 13 Prozent der Kunden werden regelmäßig zu ihren Erwartungen und individuellen Bedürfnissen befragt. Das ist fatal, denn die Energieunternehmen versagen darin, beispielsweise in ihrer Kommunikation gezielt auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Nur ein Fünftel der Kunden empfindet die Kommunikationsbotschaften als relevant und passend zum individuellen Bedarf. Und noch seltener werden Kunden proaktiv beispielsweise bei einem Hauskauf oder wichtigen Anlässen wie Heirat oder Geburt angesprochen.
Quelle: ots